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Pro: Von einem Atom-Abkommen würden alle profitieren

Sven Pöhle6. Juli 2015

Ein umfassendes Atomabkommen, über dessen letzte strittige Fragen derzeit in Wien verhandelt wird, wäre für alle Seiten ein Gewinn, erläutert Iran-Experte Tritsa Parsi im DW-Gespräch.

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Wien Atomgespräche mit dem Iran Kerry und Zarif (Foto: Reuters/US Außenministerium)
Bild: Reuters/State Department/Handout

Deutsche Welle: Die Atomverhandlungen in Wien gehen in die Verlängerung. Glauben Sie, dass es ein umfassendes Abkommen zwischen der 5+1 Gruppe und dem Iran geben wird?

Trita Parsi: Derzeit sieht es so aus, dass es zu einem Abschluss kommen wird. Die beteiligten Seiten sind ganz dicht dran, dichter als je zuvor. Und bislang sind auch noch keine wirklich negativen Signale nach außen gedrungen. Dass die Frist vom 30. Juni nicht eingehalten werden würde, war abzusehen. Die realistische Frist läuft am 7. oder 8. Juli aus, denn am 9. Juli muss wiederum dem US-Kongress ein Ergebnis vorliegen, damit er innerhalb von 30 Tagen sein Votum dazu abgeben kann.

Wer wird von diesem Abkommen profitieren?

Ich glaube, davon wird jeder profitieren. Für den Westen ist das Abkommen gut, weil es dem Iran den Weg zur Atombombe versperrt. Es wird Frieden bringen. Die Iraner werden profitieren, weil ihr Atomprogramm in normale Bahnen kommt und die Sanktionen aufgehoben werden. Sie werden ihre Beziehungen zum Westen auf einer viel besseren Grundlage wiederherstellen können, was für beide Seiten sehr wichtig ist.

Denn der gesamte Mittlere Osten ist in Aufruhr, der Radikalismus verbreitet sich immer mehr. Der Iran kann eine sehr wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, effektiv die weitere Radikalisierung zu bekämpfen, insbesondere den sunnitisch-salafistischen Radikalismus, der seinen Ursprung in Saudi-Arabien hat. Wir sehen ja die Auswirkungen gerade in Syrien und im Irak. Für eine Stabilisierung des Mittleren Ostens wird der Iran also gebraucht.

Trita Parsi Iran-Experte (Foto: Becky Geller)
Trita Parsi: "Kritiker der Verhandlungen liegen falsch"Bild: Becky Geller

Sie sagen, dem Iran würde der Weg zur Atombombe versperrt. Kritiker bezweifeln jedoch, dass das Abkommen den Iran auf längere Sicht davon abhalten kann, sich in den Besitz der Atombombe zu bringen. Vielmehr würde man dem Iran damit ein umfassendes Atomprogramm zugestehen, bei dem der Abzweig in Richtung Atombombe ("break out") praktisch nicht zu entdecken wäre.

Diese Einschätzung ist wissenschaftlich nicht haltbar. Das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag wird allgemein als das beste Instrument angesehen, um Inspektionen so umfassend und gründlich zu machen, dass kein Land unentdeckt den Weg zur Atombombe gehen kann. Und das ist genau die Lösung, die der Iran für sein Atomprogramm akzeptieren wird.

Jene Kritiker waren von Anfang an sehr skeptisch, was die iranische Verhandlungsbereitschaft angeht. Sie hätten auch nie geglaubt, dass Teheran einem gemeinsamen Aktionsplan (JPOA, vom November 2013) zustimmen würde, oder die Bestimmungen eines solchen Plans einhalten würden. Die Kritiker haben sich in allen ihren Vorhersagen getäuscht, und sie täuschen sich auch diesmal.

Es gibt auch den Einwand, dass die Aufhebung oder eingeschränkte Aufhebung der Sanktionen den Iran soweit stärken würde, so dass er einem Wiederinkrafttreten der Sanktionen besser widerstehen könnte. Damit würde der westliche Einfluss auf den Iran geschwächt.

Dieses Argument beruht auf der Annahme, dass man den Iran nur dadurch am Bau einer Atombombe und am Tricksen hindern kann, indem man konstanten Druck ausübt. Das ist allerdings eine völlig irrige Denkweise. Wie kann man verhindern, dass der Iran nach Abschluss eines Abkommens versucht, zu tricksen? Indem man ihm keinen Anreiz dafür bietet. Das Abkommen muss für alle Seiten soviel Positives enthalten, dass alle darauf bedacht sind, das Abkommen nicht aufs Spiel zu setzen. Auf diese Weise erhält jedes Abkommen dauerhafte Stabilität, und das gilt auch für das Atomabkommen mit dem Iran.

Hilft das Abkommen eher den Hardlinern in der iranischen Führungsschicht, oder könnte es den moderaten Kräften der iranischen Gesellschaft Auftrieb geben?

Die moderaten Kräfte im Iran und die pro-demokratische Bewegung sind diejenigen, die dieses Abkommen wollen. Das wurde erst vor kurzem in einer Reihe von Interviews mit Vertretern dieser Kräfte deutlich. Die Kritiker im Ausland scheinen das nicht mitbekommen zu haben oder ignorieren es. Sie klammern sich verzweifelt an jedes Argument, um (ein Abkommen) zu verhindern, das die Chance beziehungsweise das Risiko einer militärischen Konfrontation mit dem Iran beseitigen würde. Die Medien (im Westen) sollten meiner Meinung nach schärfer nachfragen, welche Alternative (zu dem Abkommen) sich diese Kritiker vorstellen. Und ob sie tatsächlich einen Krieg bevorzugen würden.

Trita Parsi ist Gründungsmitglied und Präsident des "National Iranian American Council" in Washington, D.C. Die Organisation setzt sich laut Satzung für die Interessen von US-Bürgern mit iranischen Wurzeln ein.