Proteste nach Tod von Vergewaltigungsopfer
29. Dezember 2012Das Schicksal der 23-jährigen Studentin erschüttert das gesamte Land: In vielen Städten demonstrierten Tausende gegen sexuelle Gewalt und für mehr Frauenrechte. Nach einem fast zwei Wochen dauernden Überlebenskampf war die junge Frau, die von sechs Männern in Neu Delhi mehrfach vergewaltigt, mit Eisenstangen geschlagen und dann aus einem fahrenden Bus geworfen worden war, am Morgen gestorben.
Politiker versprechen Gegenmaßnahmen
Der jüngste Vergewaltigungsfall ist so drastisch, dass alle führenden Politiker des Landes Maßnahmen versprachen, damit sich so etwas nicht wiederholt. Premierminister Manmohan Singh rief dazu auf, die jetzt geweckten Emotionen für einen gesellschaftlichen Wandel zu nutzen. Die Studentin "mag ihren Kampf ums Überleben verloren haben, aber es liegt an uns, sicherzustellen, dass ihr Tod nicht umsonst war" erklärte das Regierungsoberhaupt.
Das forderten auch die vielen Tausend Demonstranten in den Metropolen Bangalore, Kolkata und Mumbai: "Sie ist tot. Aber ihr Kampf muss jeden aufwecken, jetzt etwas zu tun", stand auf einem der Plakate. Manche riefen nach der Todesstrafe für die Vergewaltiger, andere lehnten eine Verschärfung der Strafen ab und forderten ein härteres Durchgreifen der Polizei.
Die Sicherheitskräfte in Neu Delhi waren nach dem Tod der jungen Frau in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Spezialeinheiten riegelten Straßen ab und sperrten insgesamt zehn Metro-Stationen. Regierung und Polizei baten die Menschen, ruhig und friedlich zu bleiben.
Hohe Dunkelziffer bei Vergewaltigungen
Den Tätern von Neu Delhi soll im Januar in einem Schnellverfahren der Prozess gemacht werden. Ihnen droht die Todesstrafe. Der aktuelle Fall ist nach Aussage von Frauenrechtlerinnen jedoch nur einer von sehr vielen. Allein in Neu Delhi wird laut Polizeidaten alle 18 Stunden eine Vergewaltigung angezeigt, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. In Indiens streng konservativer Gesellschaft wird die Schuld an einer Vergewaltigung oft dem Opfer gegeben. Hinzu kommt eine sehr mangelhafte Bereitschaft der Ermittlungsbehörden, angezeigte Vergewaltigungen auch wirklich aufzuklären: Landesweit sollen rund 100.000 Fälle juristisch noch unerledigt sein, viele Verfahren werden über Jahre verschleppt.
Leichnam wieder in Indien
Nach ihrem stundenlangen Martyrium in den Händen der mutmaßlich sechs Männer war die Studentin zunächst in Indien, dann in einer Spezialklinik in Singapur behandelt worden. Ihr Leichnam wurde am Abend von Singapur nach Indien ausgeflogen, wo sie dann beigesetzt werden soll.
mak/kle (dpa, rtr, afpe, epd)