Präsident Mursi macht Merkel Sorgen
26. November 2012In Deutschland sorgen die neuen Unruhen am Nil für Irritation. Vor wenigen Tagen noch freute man sich in Berlin über den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi wegen seiner Rolle bei der Vermittlung eines Waffenstillstands zwischen Israels Regierung und der palästinensischen Hamas. Jetzt wird aus dem Macher im Friedensprozess ein Machthaber mit fast diktatorischen Befugnissen. Schließlich will Mursi mit seinen umstrittenen Dekreten erreichen, dass seine Entscheidungen unantastbar für die Justiz werden.
Die Bundesregierung betrachte die Vorgänge in Ägypten mit großer Aufmerksamkeit und durchaus auch mit einiger Sorge, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert den Standpunkt von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Gewaltenteilung sei ein fundamentales Prinzip einer jeden demokratischen Verfassung, fügte Seibert hinzu und ermahnte Mursi, für die Umsetzung dieses Prinzips zu sorgen.
Westerwelle: Unsicherheit verhindert Investitionen
"Demokratie heißt Herrschaft des Rechts und Gewaltenteilung", betonte Außenminister Guido Westerwelle bei einer Pressekonferenz und appellierte an den ägyptischen Präsidenten, den Ausgleich nach innen zu suchen und auf die Kritik der Richterschaft einzugehen. Westerwelle warnte, dass die Lage in Ägypten Investoren verschrecke, "aber genau die braucht Ägypten, wenn es sich wirtschaftlich und sozial gut entwickeln soll".
Mursi hatte seine Dekrete damit gerechtfertigt, dass er die Ziele der Revolution retten und den Übergang Ägyptens zu einem demokratischen Staat sicherstellen wolle. Die Opposition begann daraufhin, massiv zu protestieren. Sie wittert einen neuen Machthaber in den Fußstapfen des gestürzten Hosni Mubarak. Bei Protesten gegen "Pharao Mursi" ist auch ein 15-jähriger Junge getötet worden. Demonstranten ziehen durch die Hauptstadt Kairo und versammeln sich auf dem Tahrir-Platz. Richter treten in den Ausstand.
Suche nach Kompromiss
Der ägyptische Präsident ist nach der jüngsten Eskalation offenbar um Entspannung bemüht. Die beanstandeten Verfügungen Mursis seien nur vorübergehend gültig und man suche den Dialog mit allen politischen Kräften, hieß es aus dem Präsidialamt. Der Oberste Gerichtsrat appellierte inzwischen an die Richter und Staatsanwälte, nicht zu streiken und ihre Arbeit fortzusetzen. Ein angekündigtes Treffen mit Vertretern der Richter soll zu einem Kompromiss führen.