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Pulverfass Ost-Kongo

Katrin Matthaei1. März 2013

Neue Kämpfe im Ost-Kongo: In Kitchanga starben mindestens 36 Menschen bei Gefechten zwischen der Armee und Rebellen. Auch andernorts in der Region brodelt es. Die Vereinten Nationen warnen vor einem Flächenbrand.

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Rebellen sitzen auf der Ladefläche eines fahrenden Lkw (Foto: AP/Jerome Delay)
Bild: AP

Nach Angaben der Vereinten Nationen suchten mehrere tausend Bewohner Kitchangas Zuflucht beim Stützpunkt der UN-Mission Monusco. Die Allianz der Patrioten für einen freien und souveränen Kongo (APCLS) ist eine Mai-Mai-Gruppe, die in den Bergen um Kitchanga operiert und von der kongolesischen Armee im Kampf gegen die Rebellen-Bewegung M23 aufgerüstet worden war. Mai-Mai ist ein Sammelbegriff für lokale Milizen im Osten des Kongo. Was sie eint, ist der Widerstand gegen Einflussnahmen durch die Nachbarländer - etwa von Ruanda. Martin Doevenspeck, Konfliktforscher an der Universität Bayreuth, hielt sich kurz vor den Gefechten in der Unruhe-Region auf. "Es ist genau das passiert, was man befürchtet hatte: Die Miliz schert aus der Allianz mit der Armee aus und bekämpft sie jetzt", so der Wissenschaftler im Gespräch mit der DW.

   

Karte von der Konfliktregion im Osten des Kongo (Grafik: DW/Peter Steinmetz)
Die Konfliktregion im Osten des Kongo

Machtkämpfe schwächen die Rebellen von M23

Unterdessen bekämpfen sich rund hundert Kilometer nordöstlich Rebellen der M23 gegenseitig. Dabei ist es keine drei Monate her, dass sie die Provinzhauptstadt Goma an der Grenze zu Ruanda eingenommen und sogar die Zentralregierung in Kinshasa herausgefordert hatten. Am Mittwoch (27.02.2013) wurde der bisherige politische Anführer Jean-Marie Runiga abgesetzt - jetzt liefern sich seine Anhänger Gefechte mit den Unterstützern des neuen Anführers Sultani Makenga. Es gab mehrere Tote. "Die M23 wird aber nicht verschwinden" warnt  Thierry Vircoulon von der renommierten Denkfabrik International Crisis Group. "Es geht hier lediglich um einen internen Machtkampf, bei dem ein Flügel das Kommando über den anderen übernimmt", erklärt er.

Portrait von Jean-Marie Runiga im Anzug. Hinter ihm stehen zwei Soldaten (Foto: Junior D. Kannah/AFP/Getty Images)
Ex-Präsident der M23-Rebellen: Jean-Marie RunigaBild: Junior D. Kannah/AFP/Getty Images

Kritik an Friedensvertrag

Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte - in diesem Fall die Regierung in Kinshasa: Sie nutzt die Schwäche der Rebellen und rüstet andere Milizen der Region auf, damit sie der überforderten Armee im Kampf gegen die M23 helfen. Dabei hat Kinshasa in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba erst kürzlich einen Rahmenvertrag für Frieden und Stabilität im Kongo und in der Region gemeinsam mit zehn weiteren Staaten der Region unterschrieben - darunter die unmittelbaren Nachbarländer Ruanda und Uganda, die in den Konflikt im Osten Kongos verwickelt sind. In dem Vertrag verpflichtet sich die kongolesische Zentralregierung zu Reformen.

 Außerdem steht in dem Text, dass sich die Unterzeichnerstaaten nicht in die internen Angelegenheiten der anderen Staaten einmischen dürfen. Diese Passage ist vor allem auf Ruanda gemünzt: Das kleine Nachbarland Kongos wird von den Vereinten Nationen beschuldigt, die M23-Rebellen militärisch zu unterstützen. Beobachter schätzen die stabilisierende Wirkung des Vertrags allerdings als gering ein, weil die M23-Rebellen nicht mit am Verhandlungstisch saßen. Mehr noch: "Es gibt für M23-Rebellen wie Bosco Ntaganda oder Sultani Makenga keine Option zum Ausstieg", sagt Martin Doevenspeck. "Was sollen die denn machen? In die Armee werden sie nicht mehr integriert, das heißt, die stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand."

UN planen afrikanische Eingreiftruppe

Zwar gibt es seit der Einnahme von Goma Verhandlungen zwischen den M23 und der kongolesischen Regierung in Ugandas Hauptstadt Kampala - aber keine Seite ist zu Zugeständnissen bereit. Mit ihrer Forderung nach einem Rücktritt von Präsident Joseph Kabila und Neuwahlen konnten sich die Rebellen nicht durchsetzen.

Blauhelmsoldaten im Ost-Kongo (Foto: DW/Simone Schlindwein)
In der Kritik: Blauhelmsoldaten im Ost-KongoBild: DW

In dieser angespannten Situation warnen die Vereinten Nationen davor, dass im Ost-Kongo "jederzeit und ohne Vorwarnung" ein Flächenbrand entstehen könnte. Nicht zuletzt deshalb drängt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon darauf, das bestehende Mandat der UN-Mission im Kongo (Monusco) zu erweitern. Die Monusco ist der derzeit größte UN-Friedenseinsatz weltweit - mit rund 17.000 Blauhelmsoldaten. Die dürfen aber nur zur Selbstverteidigung oder zum Schutz der Bevölkerung zur Waffe greifen. Im November hatten sie den Einmarsch der M23-Rebellen in die Provinzhauptstadt Goma nicht aufgehalten. Die geplante Eingreiftruppe soll so etwas künftig verhindern. "Das ist eindeutig die Reaktion auf die Niederlage, als die Stadt Goma von den Rebellen eingenommen wurde. Die Vereinten Nationen wurden damals sehr kritisiert", sagt Thierry Vircoulon von der Crisis Group. "Jetzt ist eben die Idee, dass die Truppen auch militärisch eingreifen können." Bald soll der UN-Sicherheitsrat über so ein  sogenanntes robustes Mandat für die Truppen entscheiden. Dieser neue Truppe werden voraussichtlich afrikanische Soldaten angehören, etwa aus Südafrika und Tansania.