Putin lässt ein bisschen Protest zu
4. Januar 2014Fünf Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi hat der russische Präsident Wladimir Putin die scharfen Sicherheitsvorkehrungen zumindest ein wenig gelockert. Protestgruppen haben nun doch Gelegenheit zu politischen Demonstrationen, müssen ihre Kundgebungen aber bis ins kleinste Detail mit der Stadt Sotschi absprechen. Ein entsprechendes Dekret habe Putin unterzeichnet, teilte der Kreml in Moskau mit.
Laut dem Dekret müssen Demonstrationen und Protestmärsche bei den Behörden der Schwarzmeerstadt angemeldet werden, über Ort oder Strecke der Proteste entscheiden die Sicherheitskräfte. Die Behörden können zudem die Zahl der Teilnehmer an Demonstrationen beschränken.
Der Inlandsgeheimdienst FSB hatte die Änderung bereits angedeutet. Diese seien nötig, um der Olympischen Charta gerecht zu werden, hatte der FSB betont. Kritiker beklagen aber weiterhin, der Kreml schirme die Winterspiele und die anschließenden Paralympics mit einer beispiellosen Sicherheitszone vom 7. Januar bis 21. März 2014 ab. Unter anderem hatten Homosexuellen-Verbände gefordert, in Sotschi gegen Diskriminierung protestieren zu dürfen. In Russland ist ein international umstrittenes Verbot von Homosexuellen-Propaganda in Kraft. Dies stellt positive Äußerungen über gleichgeschlechtliche Lebensweisen in Anwesenheit von Minderjährigen unter Strafe.
Reaktion nach Absagen
Die russische Führung um Putin steht deshalb seit langem in der Kritik. Sportler, Künstler und Politiker riefen zum Boykott der Spiele in Sotschi auf. US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Präsident François Hollande, der britische Premierminister David Cameron und EU-Justizkommissarin Viviane Reding kündigten an, aus Protest nicht an dem Sportereignis teilnehmen zu wollen. Bundespräsident Joachim Gauck hat seine Teilnahme ebenfalls abgesagt.
Putin hatte am Freitag bei einem Besuch in Sotschi eine "totale Kontrolle" der Olympia-Vorbereitungen angekündigt. Zuletzt hatten blutige Anschläge in Wolgograd mit insgesamt 34 Toten Zweifel an der Sicherheit der Spiele geschürt. In der russischen Kaukasus-Region kämpfen Islamisten seit Jahren für einen eigenen Staat. Sie haben gedroht, die Spiele mit allen Mitteln zu stören.
Eine von Putin erlassene Amnestie für inhaftierte Regierungsgegner wie den früheren Ölunternehmer Michail Chodorkowski und zwei Sängerinnen der Punk-Band Pussy Riot wurde als Versuch gewertet, Russlands Ansehen im Ausland vor Olympia aufzupolieren und Kritiker zu besänftigen. Die Winterspiele gelten als Prestigeobjekt Putins und laufen vom 7. bis 23. Februar. Anschließend - vom 7. bis 16. März - finden am Schwarzen Meer die Paralympics statt.
sti/qu (afp, dpa, rtr)