Putins Bilanz
31. Januar 2006Der russische Präsident Wladimir Putin hat den politischen Prozess in Tschetschenien für abgeschlossen erklärt. Nach mehr als einem Jahrzehnt blutiger Konflikte sei die zur Russischen Föderation gehörende Kaukasus-Republik wieder in den Schoß der Verfassung zurückgebracht worden. Das sagte Putin am Dienstag (31.1.06) auf seiner alljährlich stattfindenden nationalen Pressekonferenz in Moskau, dem wichtigsten Presse-Ereignis des Kreml. Es seien noch viele wirtschaftliche und soziale Probleme in Tschetschenien zu lösen, sagte Putin. Mit der jetzt vollzogenen Einrichtung kommunaler Verwaltungsstrukturen habe Tschetschenien aber wieder den gleichen Status wie jede andere Region in Russland. Dies sei eine der größten politischen Errungenschaften des vergangenen Jahres, erklärte der Staatschef.
Tschetschenien erlangte 1996 nach 20 Monaten Krieg de facto die Unabhängigkeit. Drei Jahre danach kehrten die russischen Truppen nach einer Serie von Bombenanschlägen auf Wohnhäuser jedoch zurück und brachten die Region erneut unter die Kontrolle Moskaus. Allerdings führen die tschetschenischen Rebellen weiter einen Guerillakrieg gegen russische Soldaten und die von Moskau eingesetzte Regierung.
Lob für Eingeständnis
Putin nahm auch zum Gasstreit mit der Ukraine Stellung und lobte die Regierung für ihr Eingeständnis, mehr Gas aus den Leitungen entnommen zu haben als vereinbart ist. "Es ist wichtig, dass sie uns das bezahlen", sagte Putin. Wegen der extremen Kälte hatte die Ukraine eine Rekordmenge an Erdgas aus den Pipelines entnommen, über die 80 Prozent der russischen Lieferungen an Europa exportiert werden.
Palästinenser brauchen weiter Hilfe
Zum Nahostkonflikt rief Putin die palästinensische Hamas-Bewegung auf, das Existenzrecht Israels anzuerkennen und sich auf einen friedlichen Dialog einzulassen. Russland habe die Hamas nie als terroristische Organisation bezeichnet, sagte Putin. Wegen des Wahlsiegs der Hamas dürfe der Westen seine Unterstützung für die Palästinenser nicht einstellen.
Kritik an G8-Kritikern
Der russische Präsident Wladimir Putin hält die Mitgliedschaft seines Landes in der Gruppe der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) für gerechtfertigt. "Alle G8-Führer sind dafür, keiner ist dagegen." Kritiker der russischen G8-Mitgliedschaft seien "im vorigen Jahrhundert stecken geblieben". Russland weise eine rasch wachsende Wirtschaft auf, was für die Richtigkeit seiner Politik spreche, sagte Putin. Zugleich gebe es immer noch einen hohen Anteil an armer Bevölkerung. Kein anderes Land könne in der G8 so überzeugend von den Problemen der Staaten im Übergang reden wie Russland.
Russland führt 2006 erstmals den Vorsitz in der G8. Politiker in den USA und Großbritannien stellen wegen der Rückschritte der Demokratie in Russland dessen Mitgliedschaft in der Gruppe immer wieder in Frage. Die Bundesregierung in Berlin tritt für eine vollständige Integration Russlands in die G8 ein, auch in den Rat der Finanzminister. (kas)