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Puzzle aus Ängsten

Leona Frommelt26. Juni 2003

Max Färberböcks Drama "September" zeigt die Auswirkungen der Terroranschläge von New York auf das deutsche Alltagsleben. Ein Film über persönliche Emotionen in einer Welt, die aus den Fugen zu geraten droht.

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Geschichten aus Deutschland nach dem 11. September 2001Bild: presse

Deutschland, 11. September 2001: Ein knappes Dutzend Hauptfiguren betrachtet die Katastrophe des World Trade Centers auf dem Bildschirm und reagiert darauf auf jeweils verschiedene Weise.

Filmszene September Helmer R: Max Färberböck
Bild: prese

Eine junge Mutter versucht verzweifelt, den Kindergeburtstag einfach fortzusetzen. Währenddessen lädt ein Pakistani seine Freunde zum Feiern in ein Restaurant ein, was das Misstrauen seiner schwangeren Freundin weckt. Ein Schriftsteller erlebt zuerst eine Schreibblockade, dann einen Inspirationsschub. Und ein Polizist sieht sein Leben in Trümmern liegen, weil er immer zur falschen Zeit das Falsche sagt oder tut - mit seinem überzogenen Patriotismus geht er den US-Kollegen von der Bundespolizei FBI (Federal Bureau of Investigation) stark auf die Nerven. Eine zusätzliche Sonderrolle spielt die TV-Moderatorin Sandra. Die verliest die verstörenden Nachrichten aus Amerika und hat doch privat ganz andere Sorgen.

Gespielt werden die Charaktere von einem hochkarätigen Schauspielerensemble, darunter Jörg Schüttauf, Nina Proll, Justus von Dohnányi und Anja Kling.

Experimentell angelegter Streifen

Max Färberböck Porträtfoto Regisseur September
Max FärberböckBild: presse

"September" erzählt davon, wie die Anschläge in New York und Washington nicht nur das Weltgeschehen, sondern auch das Leben in Deutschland veränderte. Die Idee zu diesem Filmprojekt entwickelte Regisseur Max Färberböck ("Aimée und Jaguar") wenige Tage nach der Katastrophe. Dabei setzte er sich zum Ziel, innerhalb von vier Wochen ein fertiges Skript zu erarbeiten. "Ich wollte, dass dieses Gefühl vom 11. September noch in uns lebt", sagt der Regisseur. Zu diesem Zweck engagierte er unter anderem die Co-Autoren John von Düffel, Sarah Khan, Matthias Pacht und Moritz Rinke, die jeweils einen der insgesamt vier Handlungsstränge verfassten. "Alle Stories im Film besitzen eine reale Basis. In dieser Zeit gab es reihenweise Nervenzusammenbrüche und latente Psychosen, was in die Geschichte mit eingeflossen ist."

Filmszene September Julia und Sandra R: Max Färberböck
Bild: presse

Herausgekommen ist ein emotionsgeladenes Psychogramm, das Menschen zeigt, die durch die Terroranschläge aus ihrem Alltag gerissen werden. "Der Film war von Anfang an ein Experiment", sagt Färberböck. Dabei verfolgte er den Ansatz, die verschiedenen Geschichten nicht klassisch in drei Akten zu erzählen, sondern fragmentarisch miteinander zu verknüpfen und mit dokumentarischen Bildern zu vermischen. Der Grund: Die Zerrissenheit dieser Zeit sollte die Struktur des Films vorgeben. Dabei setzte Färberböck auf ein visuelles Konzept, das gezielt jegliche Art von Harmonie vermeidet. In "September" gibt es keine fließenden Kamerabewegungen. Stattdessen unterstreichen harte, abrupte Schnitte die emotionale Aufgewühltheit der verschiedenen Figuren. Durch den bewussten Verzicht auf einen dramaturgischen roten Faden wirkt der Film wie ein Puzzle, dessen Elemente sich nicht nahtlos ineinander fügen.

Hohes künstlerisches Risiko

Filmszene September Lena und Ashraf R: Max Färberböck
Bild: presse

Genau darin liegt die Schwäche des Films. Keine der Geschichten hat genügend Eigengewicht, um für sich zu bestehen, und vor dem Maßstab des 11. September wirken sie auch als Ensemble zu klein. Offenbar haben sich die verschiedenen Drehbuchautoren nur um die Einzelheiten, aber nie um das Ganze ihres Projekts gekümmert. Ein weiteres Manko: Jede der im Film erzählten Episoden hätte sich auch ganz ähnlich abspielen können ohne den Einsturz der "Twin Tower". Da der Verlauf der Handlungsstränge nicht zwingend aus dem fernen Ereignis resultiert, bleibt die Verknüpfung willkürlich und unglaubwürdig.

Dennoch: Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde der Film in der Reihe "Un Certain Regard" präsentiert. Und nach Cannes schaffen es deutsche Filme nur noch selten.