Queer British Art
1967 wurde das Sexualstrafrecht in England und Wales geändert. Seitdem ist Homosexualität dort nicht mehr strafbar. Eine Ausstellung in der Tate Britain feiert den 50. Jahrestag und zeigt queere Kunst von 1861 bis 1967.
Die Kritiker (1927)
Bilder von nackten Knaben und Jugendlichen, die in Sonnenlicht getaucht am Wasser sitzen, machen den Großteil des Œuvres von Henry Scott Tuke aus. Dieses Kunstwerk entstand zwei Jahre vor Tukes Tod, in einer Zeit, als die Freikörperkultur gerade in Mode kam. Für seine Bilder arbeitete der britische Künstler mit Modellen, die er in Cornwall traf, wo er seit den frühen 1880er Jahren lebte.
Sappho und Erinna in einem Garten in Mytilini (1864)
Das Werk des präraffaelitischen Malers Simeon Solomon zeigt die Dichterin Sappho (rechts) und ihre Geliebte Erinna auf Lesbos. Während Sappho androgyn erscheint, zeigt Erinna typisch weibliche Attribute: Ihr Kleid rutscht von der Schulter und legt ihre Brust frei, die vor dem Betrachter nur von Sapphos Arm bedeckt wird. Zwei Tauben auf der Mauer hinter den Frauen stehen für die Liebe der beiden.
Die Badenden (1911)
Für den Speisesaal der Londoner Hochschule Borough Road Polytechnic entwarf der schottische Maler Duncan Grant sein Kunstwerk. Das vorgegebene Motto "London in den Ferien" inspirierte ihn zu der Darstellung von sieben idealisierten nackten Männern, die sich in den Wellen vergnügen. Die stilistische Nähe zu Michelangelos Körperstudien und seinem Fresko "Schlacht bei Cascina" ist unverkennbar.
Selbstporträt und Akt (1913)
Als das Gemälde der Britin Laura Knight 1913 ausgestellt wurde, urteilte ein Journalist des "Telegraph", das Bild sei beinahe vulgär. Mit dieser Meinung war er damals nicht allein. Für die Malerin aber war es eine selbstbewusste Geste und Ausdruck ihrer künstlerischen Identität, sich als aktmalende Künstlerin mit ins Bild zu setzen - und dieses Stilmittel nicht nur männlichen Malern zu überlassen.
Douglas Byng (1934)
Dass im Theater weibliche Rollen von Männern verkörpert wurden, hat eine lange Tradition in Großbritannien. Erst seit 1660 betreten auch Frauen als Schauspielerinnen die Bühne. Douglas Byng - hier auf einer Fotografie von Paul Tanqueray - war offen schwul, eine berühmte Drag Queen und Sänger. In seinen Liedern geizte er nicht mit sexuellen Anspielungen und Doppeldeutigkeiten.
Kopf eines griechischen Matrosen (1940)
Ab 1960 lebte der Engländer John Craxton auf Kreta und ließ sich von der mediterranen Umgebung für seine Kunst inspirieren. Unter anderem malte er, wie hier 1940, sonnengebräunte Matrosen der Ägäis im Stil des Kubismus. Griechische Hirten und Fischer, die den Maler umgaben, zählten ebenfalls zu Craxtons Modellen.
Quentin Crisp (1941)
Der Autor und Entertainer Quentin Crisp erarbeitete sich durch sein feminines Auftreten seinen Ruf als Schwulenikone. Angus McBean sollte ihn im Stile eines weiblichen Filmstars ablichten: Auf dem Schwarz-Weiß-Bild setzt der Fotograf Crisps lange Wimpern und seine weichen Gesichtszüge in Szene. "Er war wirklich einer der schönsten Menschen, die ich je fotografiert habe", sagte McBean einmal.
Selbstporträt (1942)
Mit der Bloomsbury-Bewegung, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Literatur, Wissenschaft und Kunst Einzug hielt und moderne, unkonventionelle Ansichten vertrat, wurde auch die Bildende Kunst queerer. So stellte die Künstlerin Hannah Gluckstein alias Gluck in ihrem Selbstporträt selbstbewusst ihre Kurzhaarfrisur und ihre Vorliebe für Männerkleidung zur Schau.
Aktmalerei für das Diplom (1962)
Zu David Hockneys Ausbildung am Royal College of Art gehörte auch die Aktmalerei. Doch die Models seien ihm nicht attraktiv genug gewesen und hätten ihn als Künstler nicht inspiriert, schrieb er später in seiner Autobiografie "David Hockney By David Hockney". Deshalb behalf er sich mit einer Ausgabe des amerikanischen Body-Building-Magazins "Physique" - und kopierte das Cover-Model.