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Politik

Karadzic hinter Gittern

22. Juli 2008

Nach fast 13 Jahren auf der Flucht ist der wegen Kriegsverbrechen gesuchte ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic gefasst. Die internationale Gemeinschaft lobt Serbien dafür.

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Radovan Karadzic
Radovan Karadzic sitzt in Untersuchungshaft (Archivfoto aus dem Jahr 1995)Bild: AP

Karadzic wurde nach Angaben des serbischen Präsidentenamtes am Montagabend (21.7.2008) von serbischen Sicherheitskräften aufgespürt und festgenommen. Bereits in der Nacht zum Dienstag wurde der 63-Jährige von einem Untersuchungsrichter am Belgrader Kriegsverbrechergericht erstmals vernommen. International wurde die Festnahme einhellig begrüßt.

Karadzic: "Verfahren ist Farce"

Ein serbischer Untersuchungsrichter vernahm Karadzic in der Nacht zum Dienstag ein erstes Mal. Dabei hat Karadzic zu den Vorwürfen geschwiegen. Der früher korpulente Mann sei abgemagert und verweigere die angebotene Nahrung, sagte sein Anwalt Svetozar Vujacic am Dienstagmorgen in Belgrad. Das ganze Verfahren gegen ihn sei eine "Farce", habe der 63-Jährige dem Untersuchungsrichter gesagt. Ein Gerichtsmediziner hat Karadzic noch in der Nacht untersucht und ihm eine stabile gesundheitliche Verfassung bescheinigt, sagte der Anwalt weiter.

Geschnappt im Linienbus?

Karadzic und Mladic - Schlüsselfiguren für Srebrenica Bosnien
Radovan Karadzic (r) und sein Militärchef Ratko Mladic 1993Bild: picture-alliance/dpa

Einzelheiten über die Verhaftung von Karadzic sind weiter unklar. Karadzic behauptete nach Darstellung seines Anwaltes, er sei bereits am Freitagabend verhaftet worden. Man habe ihn aus einem Linienbus geholt, der zwischen Neu-Belgrad und der nahe gelegenen Gemeinde Batajnica verkehrt. Ihm sei eine Kappe übers Gesicht gezogen worden, so dass er die Umstände seiner Verhaftung nicht kenne. Seitdem sei er "in einem Raum" festgehalten worden. Der Untersuchungsrichter hatte Karadzic zugesagt, diesen Behauptungen nachzugehen.

Meistgesuchter Kriegsverbrecher

Karadzic gehörte gemeinsam mit seinem früheren Militärchef Ratko Mladic zu den meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechern des Balkankonflikts. Er ist vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg von 1992-1995 angeklagt. Karadzic wurde insbesondere wegen des Massakers von Srebrenica gesucht, bei dem im Juli 1995 rund 8000 Muslime umgebracht worden warn. Das Massaker gilt als das schwerste in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Sowohl der Internationale Gerichtshof wie auch das UN-Kriegsverbrechertribunal stuften es als Völkermord ein.

Lob für Serbien

Ein Mann blickt am 20.1.2001 auf neue Fahndungsplakate der als Kriegsverbrecher angeklagten bosnischen Serben Radovan Karadzic und General Ratko Mladic in Sarajevo
Fahndungsplakate der als Kriegsverbrecher angeklagten bosnischen Serben Radovan Karadzic und General Ratko Mladic in SarajevoBild: dpa

UN-Chefankläger Serge Brammertz begrüßte die Festnahme als "Meilenstein" in der Zusammenarbeit zwischen Serbien und dem UN-Tribunal. Die EU-Ratspräsidentschaft sprach von einer "wichtigen Etappe" auf dem Weg zu einer weiteren Annäherung Serbiens an die EU. Serbien hatte Ende April ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen mit der EU unterzeichnet. Dieses tritt jedoch nur bei einer "vollständigen Zusammenarbeit" Belgrads mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Kraft. Erst vor zwei Wochen war eine neue pro-europäische Regierung in Serbien gebildet worden.

"Osama Bin Laden Europas"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon würdigte die Festnahme als "historischen Augenblick". Die Opfer des Bosnien-Krieges hätten 13 Jahre lang auf Gerechtigkeit gewartet. Die US-Regierung feierte die Verhaftung als Tribut an die Opfer der Kriegsgräuel. Ein bedeutender Verbrecher sei "von der Bühne entfernt" worden, sagte der frühere US-Balkanbeauftragte Richard Holbrooke. Karadzic sei der "Osama Bin Laden Europas".

Nach der Festnahme von Karadzic fahndet das UN-Tribunal nun noch nach zwei mutmaßlichen Kriegsverbrechern: Karadzics früherer rechter Hand Mladic und dem früheren Serbenführer in Kroatien, Goran Hadzic. (sams)