Rajoy verliert Vertrauensabstimmung
31. August 2016Weil die meisten Oppositionsparteien ihm ihre Unterstützung versagten, kam Spaniens Interims-Premier Mariano Rajoy bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament nur auf 170 Ja-Stimmen und verfehlte die im ersten Wahlgang nötige absolute Mehrheit von 176 Stimmen. Das Land wartet damit nach mehr als acht Monaten und zwei Parlamentswahlen weiter auf eine neue Regierung. Sollte Rajoy bei einer zweiten Abstimmung am Freitag erneut keine Mehrheit hinter sich bringen, droht eine dritte Parlamentswahl.
Vor der Abstimmung lieferte sich der konservative Kandidat eine hitzige Debatte mit den Führern der Oppositionsparteien. Rajoy warf Sozialisten-Chef Pedro Sánchez im Madrider "Congreso de los Diputados" vor, mit seiner Ablehnung der Wiederwahl den Wunsch der Mehrheit der Spanier zu missachten und das Land zu den dritten Wahlen innerhalb eines Jahres zu führen.
Der Chef der Sozialisten (PSOE) entgegnete, die Regierung Rajoy habe seit 2011 im EU-Land die Armut und die Ungleichheit gefördert. "Sie sind nicht fähig, das Land zu führen", sagte Sánchez. Der Chef der linken Protestpartei Podemos (Wir können), Pablo Iglesias, warf Rajoy vor: "Sie verkörpern die Korruption".
Andauerndes Patt
Spanien hat seit Dezember keine voll funktionstüchtige Regierung. Sowohl die Parlamentswahl vom 20. Dezember als auch die Neuwahl am 26. Juni hatten zu einer Pattsituation geführt. Bei der Neuwahl hatte sich Rajoys Volkspartei (PP) zwar als stärkste Kraft behauptet, die im Dezember verlorene absolute Mehrheit allerdings erneut deutlich verpasst.
Nach der Unterzeichnung eines Regierungsbildungspakts mit den liberalen Ciudadanos (Bürger) und der zugesagten Unterstützung der Regionalpartei Coalición Canaria (Kanarische Koalition) kommt Rajoy auf 170 Ja-Stimmen. In der zweiten Runde, die am Freitagabend stattfinden wird, reicht eine einfache Mehrheit.
Scheitert Rajoy, bleibt den Parteien für die Wahl eines Regierungschefs eine Frist von genau zwei Monaten. Wenn diese ergebnislos verstreicht, müsste König Felipe VI. gemäß Verfassung das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.
stu/cr (afp, dpa, rtr)