Umstrittener König von Thailand
2. Dezember 2016Seit zwei Monaten ist das Königreich Thailand ohne Monarch. Am 13. Oktober war der von vielen Thais verehrte König Bhumibol Adulyadej nach 70-jähriger Amtszeit verstorben. Nun hat sein einziger Sohn Maha Vajiralongkorn, der 1972 von seinem Vater zum Kronprinz ernannt wurde, am Donnerstagabend formell die Thronfolge angetreten. Der Titel ist Rama X. Die Inaugurationszeremonie würde allerdings frühestens Ende 2017 stattfinden können, wenn die einjährige Trauerzeit für König Bhumibol abgelaufen ist. Bereits am Dienstag hatte die gesetzgebende Versammlung unter Kontrolle der Militärregierung die Ernennung eingeleitet.
Lebemann mit zweifelhaftem Ruf
Der neue König ist 64 Jahre alt und in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil seines Vaters. Der Überkönig Bhumibol galt als pflichtbewusst und erster Diener seines Volkes. Zumindest war dies das Bild, welches das Königshaus mithilfe der Medien und des rigiden Lèse-majesté-Gesetzes jahrzehntelang propagiert hat. Das Gesetz verbietet jegliche Kritik an den Mitgliedern der Königsfamilie und droht mit mehrjährigen Haftstrafen.
Trotz des Gesetzes wurde und wird der unstete Lebenswandel Vajiralongkorns zumindest hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Er gilt als arrogant, verschwendungssüchtig, exzentrisch und als Frauenheld. Er war drei Mal verheiratet. Seine aktuelle Partnerin ist eine ehemalige Stewardess, die in München lebt. Am Starnberger See erwarb der neue König deswegen auch eine Villa. Die erste Ehe, ganz standesgemäß auf Druck der Eltern mit einer blaublütigen Cousine, zerbrach bereits nach einem Jahr. Die zweite Ehe mit einer Schauspielerin hielt fast ein Vierteljahrhundert, bevor der Kronprinz 2001 eine Bürgerliche heiratete. Die Ehe wurde 2014 geschieden. Aus seinen Ehen gingen insgesamt sieben Kinder hervor. Als seinen Nachfolger will Vajiralongkorn angeblich seinen jüngsten Sohn aus dritter Ehe aufbauen. Die früheren Söhne aus der annullierten zweiten Ehe werden deswegen aus der Königsfamilie gedrängt.
Doch nicht nur das turbulente Privatleben des neuen Königs irritiert. Seine Exzentrik drückte sich unter anderem in seiner Zuneigung zu seinem weißen Pudel Foo Foo aus, der ihn auf allen Reisen begleitete. Der Pudel hatte einen Rang der thailändischen Luftwaffe und wurde auf Anweisung Vajiralongkorns nach seinem Tod gemäß buddhistischem Ritus betrauert.
Militär ohne politisches Profil
Ausgebildet wurde der neue König in Privatschulen in England und Australien. Später schlug er, im Gegensatz zu seinem Vater, der Saxophon spielte und fotografierte, eine militärische Laufbahn ein. Er wurde Kampfpilot und ist General der königlichen thailändischen Armee sowie der Luftwaffe und Admiral der Marine. Seine Aufgaben waren in den letzten Jahren vor allem zeremonieller Natur.
Politisch gilt er als Hitzkopf. Der inoffizielle Biograph des Königshauses, Paul M. Handley, schildert eine Episode aus dem Jahr 1996. Damals blockierte der Kronprinz mit seinem Kampf-Geschwader die Maschine des japanischen Premierministers auf dem Rollfeld in Bangkok. Angeblich als Retourkutsche, da sich der Kronprinz zuvor in Japan schlecht behandelt gefühlt hatte. Ein diplomatischer Skandal.
Unklar ist außerdem, welche Beziehungen der Kronprinz zum Geschäftsmann und ehemaligen Premierminister Thaksin Shinwatra pflegte. Thaksin war 2006 und seine Schwester Yingluck 2014 aus dem Amt geputscht worden. Die Zeitschrift Far Eastern Economic Review berichtete 2002 von möglichen wirtschaftlichen Beziehungen zu Thaksin, worauf diese Ausgabe in Thailand umgehend verboten wurde. 2010 veröffentlichte Wikileaks Äußerungen von Mitarbeitern des Außenministeriums Singapurs. Sie legen nahe, dass Thaksin Spielschulden des Kronprinzen übernommen hat. Ein Skandal, denn Thaksin gilt vielen Thailändern als ernsthafte Bedrohung für Monarchie und Königshaus.
Schwacher König – starkes Militär
Völlig offen ist, welche Rolle der neue König Vajiralongkorn im Thailand der Militärs spielen kann und wird. Seit Jahrzehnten leidet die thailändische Gesellschaft an einer Spaltung. Mit großer Regelmäßigkeit wechseln sich neue Verfassungen, Regierungen, Regierungskrisen und Militärputsche ab. Bevor der ehemalige König Bhumibol schwer erkrankte, konnte er als integrierende Persönlichkeit die Verwerfungen im Land überbrücken. So rief er 1992 Premierminister und Oppositionsführer zu sich, nachdem Hunderte Demonstranten vom Militär erschossen worden waren. Er zwang die Kontrahenten zum Burgfrieden und konnte so die Gewalt beenden, allerdings ohne die zugrundeliegenden Konflikte zu lösen.
Eine vergleichbare Rolle in der andauernden Krise des Landes traut dem neuen König niemand zu. Es ist wahrscheinlich, dass das Militär seine Kontrolle über das System vertiefen wird und der neue König vor allem als Symbol der Einheit und für repräsentative Aufgaben herhalten muss.