Range und Maas streiten weiter
19. August 2015In der Landesverrats-Affäre hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vor dem Rechtsausschuss des Bundestages die Haltung seines Ministeriums gerechtfertigt. Das verlautete aus der nicht-öffentlichen Sitzung. Besonders pikant an der Szene: Mit im Saal saß der Anfang August von Maas entlassene Generalbundesanwalt Harald Range. Range und sein ehemaliger Dienstherr sollten zu den mittlerweile eingestellten Ermittlungen gegen die Blogger von Netzpolitik.org Auskunft geben. Beide waren mit betonter Gelassenheit vor dem Ausschuss erschienen und hatten einander höflich gegrüßt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte nach der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente im vergangenen Frühjahr Strafanzeige gegen zwei Blogger gestellt. Range leitete daraufhin gegen die Macher des Blogs Netzpolitik.org Ermittlungen wegen Landesverrats ein. Darüber kam es zum Streit zwischen ihm und dem Bundesjustizministerium.
Die Ermittlungen waren von Kritikern als Eingriff in die Pressefreiheit gewertet worden. Als sich Range Anfang August über einen "unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz" beklagte, schickte ihn Maas in den Ruhestand. Kurz darauf wurden die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org eingestellt. Gegen die Informanten wird weiter ermittelt.
Heftiger Schlagabtausch
Während der Sitzung widersprachen Maas und Range einander heftig, berichteten Mitglieder des Ausschusses. Dabei ging es um die inzwischen eingestellten Ermittlungen gegen zwei Blogger von Netzpolitik.org. Range beharrt darauf, Justiz-Staatssekretärin Stefanie Hubig habe ihm in einem Telefonat die Weisung erteilt, den Auftrag für ein externes Gutachten zurückzuziehen und die Ermittlungen wegen Landesverrats einzustellen. Sie habe ihm gesagt, falls er sich weigern sollte, würde ihn das seinen Job kosten. Dem widersprachen Maas und Hubig, die ebenfalls befragt wurde.
Der SPD-Obmann im Ausschuss, Johannes Fechner, sagte vor Sitzungsbeginn, dadurch, dass das Verfahren zügig eingestellt worden sei, seien sowohl die Pressefreiheit als auch die Unabhängigkeit der Justiz "ohne Schaden davongekommen". Die Opposition wiederum will unter anderem wissen, wann der Justiz- und der Innenminister von den Ermittlungen erfahren haben und ob die beiden Journalisten überwacht wurden. Maas betonte nach Angaben aus Ausschusskreisen, er habe während der gesamten Affäre nie persönlich mit Range gesprochen.
Die Opposition übte vor allem Kritik an Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen und seinem Dienstherrn, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Beide hatten sich entschuldigen lassen und Vertreter in den Ausschuss geschickt. "Sie drücken sich erst einmal", kritisierte die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne). Ob sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal geladen werden, müsse der Ausschuss entscheiden. "Die ganze Geschichte wurde im BfV ausgeheckt und der Einzige, an dem es jetzt hängenbleibt, ist Maas", sagte Konstantin von Notz von den Grünen.
Drohung mit einem Untersuchungsausschuss
Unterdessen beriet auch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKGr) über die Affäre. Auch hier erschien Verfassungsschutz-Präsident Maaßen nicht persönlich. Vor Beginn der Sondersitzung kritisierte dies der PKGr-Vorsitzende André Hahn (Linke). Maaßen habe die Affäre mit seiner Strafanzeige ausgelöst, sagte der Linken-Politiker. Deshalb sei es "enttäuschend und nicht akzeptabel, dass sich Herr Maaßen dem heute nicht stellt".
Der Grünen-Vertreter Hans-Christian Ströbele schloss einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht aus. Sollten die zuständigen Stellen nicht ausreichend Aufklärung geben, müsse nach anderen Wegen gesucht werden, sagte er vor Beginn der PKGr-Sitzung.
Derweil teilte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft mit, dass nun sie die Ermittlungen in der Landesverrats-Affäre führt. Das Verfahren richte gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen. Die Ermittler suchen diejenigen, die vertrauliche Dokumente des Verfassungsschutzes an die Blogger weitergegeben haben. Die Generalbundesanwaltschaft hatte bereits angekündigt, dass sie die weiteren Ermittlungen abgeben werde - unklar war, an wen.
stu/sp (afp, dpa)