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Rassismus und die US-Medien

14. Dezember 2014

Weiße Polizisten schießen und Afroamerikaner sterben. Die Fälle Ferguson und Eric Garner zeigen, wie einseitig amerikanische Medien berichten. Eine Analyse von Nalan Sipar.

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US-Polizisten gehen gegen Demonstranten vor (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Deanna Dent

“Michael Brown war der böse Junge in diesem Fall“, sagte der mehrfach ausgezeichnete Journalist Bernie Goldberg im Sender Fox News und fügte hinzu: "Bitte Amerika, lasst uns aus diesem Kind nicht ein Märtyrer der Bürgerrechte machen. Denn er ist es nicht!“ Diese Sendung lief in der Nacht unmittelbar nach der Verkündung des Juryspruchs im Fall von Michael Brown. Die Geschworenenjury hatte entschieden, dass der weiße Polizist nicht für die tödlichen Schüsse auf den schwarzen Teenager Michael Brown angeklagt werden sollte.

Direkt nach der Urteilsverkündung protestierten tausende Menschen gegen das Urteil. Große Fernsehsender wie CNN, Fox News, ABC News oder NBC News verfolgten die Ereignisse fast im Sekundentakt. Sie alle zeigten Bilder wütender und - meist - schwarzer Demonstranten, die Fenster zerschlugen oder die Polizei mit Steinen bewarfen. Bilder von Ausschreitungen und Plünderungen. Doch der Frage, warum Menschen so wütend wurden und was sie fordern, wurde wenig Beachtung geschenkt.

Nalan Sipar (DW-Foto: M. Müller)
Nalan SiparBild: DW/M. Müller

"Protestbilder sind attraktiv für die Medien"

"Bilder von Gewalt in den Straßen oder zerschlagenen Fenstern sind attraktive Bilder für das Fernsehen", erklärt Professor Robert Mathew Entman von der George Washington University gegenüber der Deutschen Welle. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Zusammenhang zwischen Rassismus und Medien. "Solche Bilder sorgen für Verständnislosigkeit in der Gesellschaft", fügt er hinzu. Denn sie hätten keine Erklärungen für die Proteste geliefert.

Die Empörung über das Geschworenenurteil war noch nicht vorüber, als das zweite Urteil über den Fall Eric Garner bekannt wurde. Garner wurde vergangenen Sommer (17.07.2014) in New York des illegalen Zigarettenverkaufs verdächtigt und von einem Beamten niedergerungen. Der schwergewichtige und asthmakranke Mann röchelte noch gut ein dutzendmal: "Ich kriege keine Luft." Dann starb er an Herzversagen.

Kluft zwischen Schwarz und Weiß

Seit der Verkündung des Geschworenenurteils zu Eric Garner gehen fast tagtäglich mehrere tausend Menschen auf die Straße. Sie blockieren Hauptstraßen und rufen die letzten Worte von Garner: "Ich kann nicht atmen!" Doch die Medien scheinen wenig dazugelernt zu haben. Auch diese meist friedlichen Proteste werden von den großen Nachrichtensendern mit Polizeiszenen in Verbindung gebracht. Und auch bei diesem Fall wird der Frage, ob die Todesfälle möglicherweise mit unverhältnismäßiger Polizeigewalt zusammenhängen, wenig Beachtung geschenkt. Die Bilder dienten nicht nur zur Verbreitung von Informationen, sondern bilden Meinungen, sagt der Medienwissenschaftler Entman.

"Es gibt leider eine ideologische Spaltung in den USA und die konservativen Medien stehen hinter der Polizei, auch wenn sie schreckliche Fehler begeht." Entman befürchtet, dass derartige Berichte die Kluft zwischen den "Weißen und Schwarzen" in Amerika vertiefen. "Und das ist die eigentliche Tragödie daran."

Zweifelhafte Statistiken

Die Kluft wird nicht nur durch Bilder, sondern auch durch verbreitete Informationen tiefer. Denn in den letzten Wochen lieferten einige Nachrichtensender Statistiken, die nicht der Wahrheit entsprachen. So stellte der afro-amerikanische CNN-Moderator Larry Elder am 20. August seinem Gast, Professor Marc Lamont Hill, die Frage, wie oft ein unbewaffneter "Schwarzer" von einem Polizisten erschossen werde. Daraufhin antwortete der Professor: "Alle 28 Stunden Larry, alle 28 Stunden." Dabei verwies der Professor auf eine Studie des "Malcolm X Grasroots Movement", eines Menschenrechtsvereins.

"Politi Fact", ein Pool von Journalisten und Redakteuren, die die Arbeit ihrer Kollegen prüfen, sahen sich diese Statistik genauer an. Und erklärten auf ihrer #link:http://www.politifact.com/punditfact/statements/2014/dec/04/bill-oreilly/bill-oreilly-cites-faulty-data-claim-about-shootin/:Internetseite#, dass diese Zahlen keine wissenschaftliche Basis hätten und lediglich von einem Amateur-Forscher ermittelt wurden.

Ähnlich lax ging der Fox News-Moderator Bill O'Reilly in seiner Show vom 1. Dezember 2014 mit Statistiken um. Dort bezog er sich auf Angaben einer US-Regierungsagentur und behauptete, dass die Anzahl der von der Polizei getöteten "schwarzen Amerikaner" in den letzten 50 Jahren um 70 Prozent zurückgegangen sei. Auch diesen Fall überprüfte "Politi Fact" und kam zu dem Schluss, dass die Zahlen nicht vollständig und somit nicht verlässlich seien.

Trotz ihrer teilweise parteiischen Berichterstattungen haben Fox News und CNN immer noch die höchsten Einschaltquoten. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center schalten 44 Prozent der amerikanischen Zuschauer CNN ein, während 39 Prozent den Fox-News, und 37 Prozent den NBC-News und ABC-News folgen. Lange wird es wohl nicht so bleiben. Denn nach einer weiteren Studie von Pew Research bevorzugen immer mehr Menschen, sich nicht mehr im Fernsehen sondern im Internet zu informieren.