Rassismus? Aussagen gegen Amiri umstritten
16. Januar 2021Bayer Leverkusens Profi Nadiem Amiri hat eine schnelle Entschuldigung angenommen. Der Wirbel um die Rassismus-Vorwürfe ist aber gerade für den 1. FC Union Berlin damit noch nicht vorbei. Manager Oliver Ruhnert wies am Samstag eine angebliche Entgleisung von Verteidiger Florian Hübner zurück. Die Worte "Scheiß Afghane" in Richtung des deutschen Fußball-Nationalspielers Amiri sollen demnach nicht gefallen sein.
"Er hat sich so nicht geäußert", sagte Ruhnert in einem digitalen Pressegespräch des Fußball-Bundesligisten am Samstag. Der Deutsche Fußball-Bund gab kurz darauf bekannt, dass der Kontrollausschuss zu Beginn der Woche Ermittlungen einleiten wird. Hübner Rassismus "anzudichten" sei schon alleine wegen der Hautfarbe von dessen Ehefrau "schwierig", fügte Ruhnert an. Eine Sanktion gegen den 29 Jahre alten Verteidiger durch den Verein werde es daher nicht geben. Allerdings wird der DFB-Kontrollausschuss sich mit den wilden Szenen und offenbar rüden Äußerungen nach dem Bundesliga-Spiel am Freitagabend zwischen Union und Bayer Leverkusen (1:0) beschäftigen. Schiedsrichter Florian Badstübner hatte die Geschehnisse im Spielbericht vermerkt.
Welche Aussagen getroffen wurden, ist weiter unklar
"Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens duldet der DFB grundsätzlich keinerlei Rassismus oder Diskriminierung auf seinen Plätzen. Das ist für uns ein absolutes No-Go und wird bei Nachweis auch entsprechend bestraft", sagte der Vorsitzende Anton Nachreiner.
Für Amiri selbst war die Angelegenheit im Stadion an der Alten Försterei am Vormittag danach bereits erledigt. "Er ist zu mir in die Kabine gekommen. Es sind aus den Emotionen heraus unschöne Worte gefallen, die ihm sehr leid tun. Er hat mir das glaubwürdig versichert, deswegen ist die Sache für mich erledigt", wurde der 24-Jährige von seinem Verein zitiert.
Welche Aussagen tatsächlich gefallen sind, ist sowohl nach Amiris Statement als auch nach den Aussagen Ruhnerts weiter offen. Laut Union-Manager habe es während und nach dem Spiel ungewöhnlich viele hitzige Äußerungen von Spielern beider Vereine gegeben. Entschuldigungen seien nach der Partie von beiden Seiten ausgetauscht worden. Mit Leverkusen sei man im Reinen, betonte Ruhnert.
Beide Klubs positionieren sich eindeutig
"Rassismus hat in unserer Gesellschaft und damit auch im Fußball nichts zu suchen. Wir sind daher dem 1. FC Union Berlin und Bayer 04 Leverkusen dafür dankbar, dass sich beide Klubs direkt nach dem Spiel entsprechend schnell und klar positioniert haben", twitterte die Deutsche Fußball Liga am Samstag.
Was immer auch gesagt wurde, Hübners Reue muss für Amiri überzeugend gewesen sein. Zuvor war er auf dem Rasen aufgewühlt und empört wegen der verbalen Auseinandersetzung. Nur durch die klaren Worte seines Bayer-Kollegen Jonathan Tah im DAZN-Interview wurde der Vorfall in seiner Tragweite publik. Ruhnert unterstellte nun, auch Tah kenne die Worte nur vom "Hörensagen".
Auf TV-Bildern ist nur zu sehen, wie sich Amiri aufgebracht mit mehreren Kontrahenten unterhält. Gestik und Mimik der Beteiligten verdeutlichen die angespannte Stimmung. Auslöser war offenbar ein Disput über ein vermeintliches Foulspiel kurz vor dem Union-Siegtor von Cedric Teuchert (88. Minute). Amiri hatte danach gemeckert und war vom Schiedsrichter verwarnt worden.
Union-Trainer Fischer reagiert zurückhaltend
"Ich kann es nicht beweisen, ich werde das ansprechen, wir werden versuchen, das zu klären", versprach Union-Trainer Urs Fischer. Union Berlin stehe klar für Anti-Rassismus, verdeutlichte Unions Kommunikationschef Christian Arbeit in einer ersten Reaktion. "Wir entschuldigen uns dafür, wenn das so gefallen ist. Es tut uns leid, das möchten wir gerne auch hier noch mal den Gästen mitgeben", betonte der Pressesprecher. Auch Fischer hatte sensibel auf die Vorfälle reagiert.
Amiri, dessen Eltern in den 80er Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kamen, soll nach dem Spiel aufgelöst in der Kabine gesessen haben. Sein Freund und Kollege Kerem Demirbay warf dem Schiedsrichter vor, die Situation nicht im Blick gehabt zu haben.
jst/hf (dpa/sid)