Raubbau an der Natur nimmt weiter zu
15. Mai 2012Der weltweite Raubbau an der Natur nimmt nach einer Untersuchung des World Wildlife Fund For Nature (WWF) immer dramatischere Formen an. Die Menschheit beanspruche die globalen Ökosysteme inzwischen derart, dass sie rechnerisch die Kapazität von 1,5 Erden bräuchte, um ihren Bedarf wirklich nachhaltig decken zu können, erklärte die Umweltorganisation in Berlin unter Berufung auf eine Studie zum sogenannten ökologischen Fußabdruck. Verheerende Folgen zeichnen sich für Tier- und Pflanzenwelt ab.
Der ökologische Fußabdruck ist eine Messgröße, die veranschaulichen soll, wie die Menschheit, einzelne Länder oder Individuen die natürlichen Ressourcen beanspruchen. Sie wird in der Kunsteinheit Globaler Hektar (Gha) angegeben. Ein Abdruck gibt an, wie viel Fläche und damit Biokapazität für einen Lebenstil benötigt wird. Dabei geht es um den Platz für Siedlungen und Nahrungsproduktion, aber auch um die Fläche, die nötig wäre, um den Ausstoß des Treibhausgases CO2 natürlich zu binden.
Ökologischer Fußabdruck doppelt so groß wie 1966
Laut dem Report mit dem Titel "Living Planet Report 2012" hat sich der ökologische Fußabdruck der Menschheit seit 1966 verdoppelt und wächst weiter. Derzeit beträgt er 18 Milliarden Globale Hektar oder 2,7 Globale Hektar (Gha) pro Person. Die Kapazität des Planeten unter der Maßgabe einer natürlichen Regeneration liegt demnach aber bei nur zwölf Milliarden Gha oder 1,8 Gha für eine Person.
Setzt sich der derzeitige Trend fort, beansprucht die Menschheit laut WWF bis 2030 eine doppelt so hohe Kapazität an Ressourcen, wie die Erde sie eigentlich bereitstellen kann. Im Jahr 2050 wäre der Wert dann bereits drei Mal so hoch wie heute.
Deutschland bei Ressourcenverbrauch auf Platz 30
Einwohner wohlhabender Staaten haben aufgrund ihres Lebenstils und der weit entwickelten Wirtschaft ihrer Länder einen wesentlich größeren ökologischen Fußabdruck als Menschen aus Entwicklungsländern. Die zehn Länder mit dem größten Abdruck pro Kopf sind dem WWF zufolge Katar, Kuwait, die Vereinten Arabischen Emirate, Dänemark, die USA, Belgien, Australien, Kanada, die Niederlande und Irland.
Deutschland liegt auf Platz 30. Hätten alle Menschen den Umweltverbrauch eines Deutschen, wären 2,5 Erden zur Bedarfsdeckung nötig.
Immer weniger Tierarten, Wälder und Wasser
Nach WWF-Angaben sind Artenschwund, Waldrodungen und Trinkwasserknappheit die großen Herausforderungen der Zukunft, wenn die Entwicklung aufgehalten oder zumindest gebremst werden soll.
Die aktuelle Situation in all diesen Punkten ist besorgnisserregend: Rund 2,7 Milliarden Menschen haben zumindest zeitweise zu wenig sauberes Trinkwasser, 13 Millionen Hektar Waldflächen als natürliche CO2-Senken verschwinden pro Jahr. Die Bestände an Wirbeltieren sind um rund 30 Prozent geringer als noch 1970, in tropischen Regionen sogar um durchschnittlich 60 Prozent, teilte der WWF mit. Gründe seien die Zerstörung natürlicher Lebensräume, die Umweltverschmutzung und der weltweite Klimawandel.
So sind etwa die Flussdelfine in China eine aussterbende Art. Auch von frei lebenden Tigern gebe es weltweit nur noch 3500 Exemplare, schätzt die Organisation. Dramatisch seien ebenfalls die Auswirkungen in den überfischten Meeren, wo nicht nur der Thunfisch und Kabeljau drastisch zurückgingen: Insgesamt sanken die Bestände in den letzten vier Jahrzehnten um mehr als ein Fünftel, im Süßwasser sogar um 37 Prozent.
gri/SC (afp, dpa)