Rauchen und Denken gehörten für Hannah Arendt zusammen
Die Philosophin Hannah Arendt hat längst Kult-Status. Fast nie war sie ohne Zigarette auf Fotos zu sehen. Im Deutschen Historischen Museum ist derzeit viel Persönliches von ihr ausgestellt - auch das Zigarettenetui.
Denkarbeit
Mit ihren hochintellektuellen Texten machte sich Hannah Arendt (1906-1975) in den USA und später weltweit einen Namen: als Philosophin, Schriftstellerin, Publizistin und vor allem als Professorin für Politische Theorie. Arendt schrieb umstrittene Bücher über den Eichmann-Prozess, Revolutionen und totalitäre Systeme. Und stellte radikal Traditionen und Ideologien in Frage.
Ihr Zigarettenetui
Bei ihren unterschiedlichen Tätigkeiten durften Zigaretten nicht fehlen. In der Ausstellung ist ihr silbernes Zigarettenetui zu sehen, das sie immer in ihrer Handtasche dabei oder auf dem Schreibtisch liegen hatte. "Das war für sie wie die Aktentasche auch ein Arbeitsutensil. Das Rauchen, das Inhalieren und Ausrauchen gehört zum Fassen der Gedanken dazu", erklärt Kuratorin Dr. Monika Boll.
Ihr Studentenausweis
Hannah Arendt wurde am 14. Oktober 1906 in Hannover als Tochter eines Ingenieurs geboren. Es war klar, dass sie studieren würde. Als erstes Fach wählte sie Philosophie und belegte Griechisch und Theologie. Erst in Marburg, dann an der renommierten Universität Heidelberg, um bei Martin Heidegger zu studieren. Sie wurde die Geliebte des viel älteren Professors. 1928 promovierte sie zum Dr. phil..
Fluchtpunkt Amerika
Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 musste Hannah Arendt als Jüdin umgehend das Land verlassen. Anfangs arbeitete sie in Paris für eine Organisation, die jüdische Waisenkinder nach Palästina brachte. Aber 1940 floh sie wegen der drohenden Besetzung Frankreichs weiter in die USA. Hier in New York, der ersten Anlaufstelle für viele Emigranten aus Europa, fand sie schnell Arbeit als Journalistin.
Die Emigrantin
1944 war Hannah Arendt 38 Jahre alt, als sie sich im Studio des Fotografen Fred Stein fotografieren ließ. Die Fotos sind als Leihgabe aus dem Fred Stein Archive in Stanfordvill/USA in Berlin. Sie zeigen eine gereifte Frau, die klar und skeptisch in die Welt schaut. Arendt leitete damals Forschungsarbeiten für die Konferenz für Jüdische Beziehungen. Später betreute sie eine große Kafka-Ausgabe.
Einbürgerungsurkunde
Lange lebte Arendt in den USA als Staatenlose, bis sie endlich am 10. Dezember 1951 eingebürgert wurde. Die Emigration aus Nazi-Deutschland, die Unsicherheit des Exils und ihre Rechtlosigkeit als jüdische Migrantin in den Vereinigten Staaten von Amerika waren sehr prägende Erfahrungen für sie. All das formte ihre starke politische Haltung, von der sie sich zeitlebens leiten ließ.
Der Eichmann-Prozess
Im Auftrag der Zeitschrift "The New Yorker" reiste Arendt 1961 nach Jerusalem, wo der Prozess gegen Adolf Eichmann stattfand. Eichmann war Leiter des NS-Judenreferates im Berliner Reichsicherheitshauptamt und für das Organisieren der Judenvernichtung und ihre Deportation aus ganz Europa verantwortlich. Ihr "Bericht von der Banalität des Bösen" rief einen Sturm der Entrüstung hervor.
Die Hochschul-Professorin
Bis 1967 arbeitete sie als Professorin in Chicago, und bis zu ihrem Tod dann in New York. Die Universität bot ihr die geistige Heimat, die sie nach ihrer Emigration aus Nazi-Deutschland gesucht hatte. Hier fand sie im geistigen Austausch mit jungen Leuten Bestätigung und Ruhe. Sogar in der leeren Mensa konnte sie ihre politische Theorien und philosophische Gedanken entwickeln (Foto: 1961/62).
Die Nach-Denkerin
Die streitbare Philosophin ging keinem Wortgefecht aus dem Weg. Mutig - und manchmal auch eigensinnig - bezog Hannah Arendt nicht nur als Wissenschaftlerin und Publizistin Standpunkte, die kontrovers zu den Debatten in ihrer Wahlheimat USA und auch in Europa standen. "Urteilen war damals etwas durchaus Riskantes, was ihr bewusst war", sagt Kuratorin Monika Boll.
Gesellschaftsleben
Als bekannte Publizistin und Universitätsprofessorin war Hannah Arendt auch Teil des US-amerikanischen Establishments. Gesellschaftlichen Verpflichtungen ging sie ungern nach, aber bei offiziellen Anlässen wie Gala-Diners oder Empfängen nahm sie doch das Nerz-Cape aus dem Schrank. Der Pelz stammt aus der Privatsammlung ihrer Großnichte Edna Brocke, die dem DHM vieles als Schenkung überlassen hat.
Legendäre Minox
Neben privaten Fotos, persönlichen Briefen, Manuskripten und Büchern ist in Berlin auch ihre legendäre Minox-Kamera zu sehen. Mit der winzigen Kamera fotografierte sie viel als Journalistin und auch ihre Freunde und Weggenossen. Die Ausstellung gibt tiefe Einblicke in das Leben und Wirken der deutsch-amerikanischen Philosophin Hannah Arendt, die vor 45 Jahren in New York starb.