Rauswurf für einen Kreml-Kritiker
22. Juni 2013Russische Spezialeinheiten haben in Moskau das Büro des prominenten Menschenrechtlers Lew Ponomarjow (Foto) gestürmt. Bei dem nächtlichen Einsatz seien noch weitere Bürgerrechtler verletzt worden, wie der Radiosender Echo Moskwy berichtete. Auch der Chef der liberalen Oppositionspartei Jabloko, Sergej Mitrochin, trug demnach Verletzungen davon. Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Wladimir Lukin, habe bei dem Polizeieinsatz keinen Zugang erhalten, hieß es. Mitarbeiter der Organisation Memorial sprachen von "unverhältnismäßiger Gewalt".
Der 71-jährige Ponomarjow sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei bei der gewaltsamen Räumung des Moskauer Büros seiner Gruppe "Für das Recht des Menschen" in die Nieren getreten, mit dem Kopf voran eine Treppe hinunter gezerrt und auf die Strafe geworfen worden. Mitrochin wurde nach eigener Darstellung eine Treppe hinab getreten, als er den Aktivisten helfen wollte. In einer Erste-Hilfe-Station seien bei ihm und fünf Mitstreitern Prellungen und Schürfwunden attestiert worden, so Ponomarjow.
Dauerstreit mit Moskaus Bürgermeister
Ponomarjow führte den Vorfall auf einen Dauerstreit mit Moskaus Bürgermeister zurück, der wegen ausstehender Mietzahlungen die Räumung seines Büros angeordnet habe. Er und Mitrochin hätten sich aber geweigert, das Gebäude zu verlassen. Die sonst auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Einheiten der Sonderpolizei OMON hätten dann das Büro gestürmt und die Türschlösser ausgewechselt, sagte Ponomarjow. Er gilt auch als ein scharfer Kremlkritiker. Seiner Einschätzung nach ist es nicht ausgeschlossen, dass Präsident Wladimir Putin persönlich über die Aktion informiert war. Mitrochin wiederum will bei den Wahlen im September gegen Moskaus Kreml-treuen Bürgermeister Sergej Sobjanin antreten.
In den vergangenen Monaten sind zivilgesellschaftliche Organisationen in Russland immer wieder zur Zielscheibe staatlicher Repressionen und hunderter Razzien geworden. Ein umstrittenes Gesetz schreibt ihnen neuerdings vor, sich als "ausländische Agenten" zu registrieren, sofern sie Gelder aus dem Ausland bekommen. Zuletzt hatte es auch bei deutschen Stiftungen Razzien gegeben. Ausländische Investoren beschweren sich ebenfalls über grassierende Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien in Russland.
sti/haz (afp, dpa)