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Reaktionen auf Türkei-Spähaktion des BND

Wolfgang Dick18. August 2014

Die Bespitzelung der Türkei durch den Bundesnachrichtendienst beschäftigt die türkische Gemeinde in Deutschland. Verärgert ist sie über einen Generalverdacht gegen türkische Vereine in der Bundesrepublik.

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Deutsche und türkische Fahne (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

In vielen lokalen, türkischen Vereinen in Deutschland ist das Thema noch zu frisch, um große Diskussionen ausgelöst zu haben. Aber einige angesprochene Mitglieder wundern sich schon, warum die Bundesregierung den NATO-Partner Türkei seit 2009 als offizielles Aufklärungsziel führt. Die Aktivitäten des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND in der Türkei hatten der "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" gemeldet.

Das Vorgehen des BND in der Türkei scheint aber für weniger Aufregung zu sorgen, als die rechtfertigenden Äußerungen von Politikern aus der Unionsfraktion. Andreas Schockenhoff, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, hatte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" die Überwachung verteidigt. Es sei selbstverständlich herauszufinden, wie manche türkische Organisationen in Deutschland aus der Türkei unterstützt würden. Angesprochen wurde zum Beispiel die kurdische PKK, die in Deutschland, wie auch in der Türkei, als terroristische Vereinigung gilt.

"Das stellt die türkischen Vereine unter einen Generalverdacht. Es wird der Eindruck erweckt, als seien alle terroristisch aktiv oder Handlanger der türkischen Regierung. Das ist in keiner Weise hinnehmbar", beschwert sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar. "Das trifft die Menschen schon, weil das auch viel mit der gesellschaftlichen Atmosphäre zu tun hat". Verdächtigungen seien dem Zusammenleben nicht zuträglich. Gleichzeitig zeigte Cinar großes Verständnis dafür, dass jedem Fall nachgegangen werden soll, in dem sich ein türkischer Verein in Deutschland nicht gesetzeskonform verhalten würde.

Neue Spitze der Türkischen Gemeinde Safter Cinar (Foto:dpa)
Angst vor Generalverdacht: Safter CinarBild: picture-alliance/dpa

Abwarten scheint die Devise

Der türkische Botschafter wollte sich zunächst nicht äußern. Türkische Pressevertreter in Deutschland warten derzeit mehrheitlich ab, wie die Regierung Erdogan in Ankara auf die Meldungen zum BND-Verhalten reagiert. Bisher ist lediglich der deutsche Botschafter in der Türkei in das dortige Außenministerium für ein Gespräch geladen worden. Weil der gesamte Vorgang noch geprüft werden soll und auch die Bundesregierung sich noch nicht näher äußert, werden die großen Schlagzeilen zunächst ausbleiben, schätzen türkische Autoren.

Für mehr Gelassenheit und eine sachliche Einordnung der BND-Aktivitäten in der Türkei spricht sich der Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, Gerd Andres aus. Der langjährige SPD-Abgeordnete setzt sich mit dem Verein für ein gutes deutsch-türkisches Verhältnis ein und verfügt über 35 Jahre Erfahrung mit der Türkei. "Dass der BND in der Türkei tätig ist, weiß die türkische Regierung. Das ist doch nichts Neues." Das Vorgehen sei im Wesentlichen berechtigt. Andres verweist ebenfalls auf viele Jahre des Bürgerkriegs mit der PKK. Entscheidend sei aber, dass die Türkei als Verbindungsland in den Nahen Osten ein wichtiger Stützpunkt sei, um Erkenntnisse über islamistische Aktivitäten mit Bedeutung für Deutschland zu erlangen. "Wenn man das den Türken so erklärt, herrscht dafür meistens Verständnis", so Andres.

Bundesminister für Arbeit und Soziales Gerd Andres 2006 (Foto: dpa)
Aktivitäten waren bekannt: Gerd AndresBild: picture-alliance/dpa

Von den deutsch-türkischen Abgeordneten im Bundestag sind die meisten derzeit noch in den Sommerferien. So äußert sich derzeit nur Özcan Mutlu von den Grünen. Das Mitglied im Innenausschuss des Bundestags reagiert mit Sorge auf das Thema. Es könne Erdogan innenpolitisch stärken und Verschwörungstheoretikern im Land neuen Aufwind geben. Über die genauen Gründe der BND-Überwachung in der Türkei hat Mutlu nach eigener Aussage keine Kenntnis.