Reaktionen zum Tod von Leni Riefenstahl
10. September 2003Christina Weiss, Kulturstaatsministerin:
"Leni Riefenstahls künstlerisches Schaffen ist Zeit ihres Lebens von ihrer Nähe zum Nationalsozialismus gezeichnet gewesen, vor allem, weil sie auch nach dem Krieg nie problematisierte, wie leicht sich ihre Werke in den Dienst der Nazi-Propaganda stellen ließen, wie groß ihre Nähe zum Hitlerregime tatsächlich war."
Hilmar Hoffmann, langjähriger Präsident des Goethe-Instituts und Filmhistoriker:
"Ihr tragischer Irrtum war, die Welt durch ästhetisch inszenierte Schönheit verändern zu wollen. Jetzt, wo sie tot ist, wissen wir zwischen dem ästhetischen Genie Leni Riefenstahl und ihren politischen Verstrickungen zu unterscheiden."
Rainer Rother, Autor der Monografie "Leni Riefenstahl - Die Verführung des Talents":
"Man kann ihr von den NS-Propaganda-Filmen geprägtes langes Leben nicht tragisch nennen. Sie hat ja freiwillig diese Filme gedreht."
Werner Sudendorf, Leiter der Sammlung des Filmmuseums Berlin:
"Es gibt keinen Dokumentarfilm, der nicht von Riefenstahl beeinflusst ist."
Hans Zehetmair, bayerischer Kunstminister:
"Leni Riefenstahls ästhetische Vorstellungen waren bahnbrechend. Was die Person Leni Riefenstahl so ambivalent machte, war, dass ihre Arbeiten der Ideologie der Nationalsozialisten entsprochen haben."
Uschi Glas, Schauspielerin:
"Für mich war sie ein Genie. Ich bin sehr froh, dass ich ihre Freundin sein durfte."
Presse-Echo:
Die "Times" kommentiert:
"Leni Riefenstahl war die einzige Frau, die als Filmemacherin uneingeschränkte Anerkennung fand. Aber damit hört die einhellige Zustimmung auch schon wieder auf. Sie wurde als Bösewicht, Heldin, Lügnerin, Betrügerin, Rassistin und Opfer einer patriarchischen Gesellschaft portraitiert. Die Wahrheit ist so, wie der Filmhistoriker Liam O'Leary es sagte: Sie war ein künstlerisches Genie und ein politischer Trottel."
Der "Guardian" schreibt:
"Leni Riefenstahl blieb bis zuletzt ein Magnet für die Kontroverse. Das Interesse an ihrem Leben und Schaffen versiegt auch jetzt nicht. Madonna und Jodie Foster haben in den frühen 90er Jahren viel Zeit damit verbracht, die Rechte zu den Riefenstahl-Memoiren zu bekommen. Riefenstahl nahm mit ihrer mystischen Kameraführung und der Einführung der Dominanz des Bildes in der Politik die Gigantik des Hollywood-Films vorweg. Ihre frühen Filme geben Historikern und Cineasten schwierige Fragen über das Verhältnis zwischen der größten Tragödie des 20. Jahrhunderts und seiner größten Kunstform auf."
"Libération", französische Zeitung:
"Keine Nachsicht ist erlaubt. Leni Riefenstahl war die Muse des Nazismus, der Star der national-sozialistischen Inszenierung. Und sie ist es ihr ganzes Leben geblieben. Denn sie hat die Paraden von Nürnberg mit genau demselben Ziel gefilmt wie die Riten der Nuba im Sudan oder die kleinen Fische auf dem Meeresgrund: Der Schönheit einen Kult des Absoluten zu verleihen."
"Le Figaro", französische Zeitung:
"Leni Riefenstahl, die Filmemacherin des Dritten Reichs, hinterlässt ein Werk von anerkanntem Talent und den Schatten einer umstrittenen Persönlichkeit. (...) Es wird vor allem ein Beispiel des gefährlichen Bandes zwischen dem Genie auf der Suche nach Ästhetik und der Propaganda im Dienste der schlimmsten Ideologie bleiben."
"Pravo", tschechische Tageszeitung:
"Leni Riefenstahl war eine der kontroversesten Persönlichkeiten der deutschen Kultur. Ihr ganzes Leben lang verstand sie es, ihr Medien-Image zu pflegen, und gelegentlich wollte sie den Eindruck erwecken, sie sei ein Opfer des NS-Regimes gewesen."
"Kommersant", russische Zeitung:
"Die gesamte Kunst Riefenstahls dokumentiert ihre Gleichgültigkeit darüber, mit welchem ideologischen Gedankentum die Schönheit ausgefüllt ist."