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Reiche Ernte - die Grüne Woche wird 80 Jahre alt

Sabine Kinkartz13. Januar 2006

Was vor 80 Jahren als lokale Warenbörse begann, ist heute die international wichtigste Agrar- und Ernährungsmesse: Diesmal sind auf der Grünen Woche in Berlin 1600 Aussteller aus 53 Ländern vertreten.

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Russische Hostessen der Grünen WocheBild: dpa
Grüne Woche - Seehofer Pröll Gordejew
Die Agrarminister von Österreich, Deutschland und Russland (v. l.)stellen die Grüne Woche vorBild: dpa

Am Eingang der Berliner Messe hängt ein großes Schild. Es weist auf die Tierseuchenverordnung für die Internationale Grüne Woche hin, die am Freitag (13.1.2006) beginnt und verweist ausdrücklich auch auf die Vogelgrippe. Zwar haben die Aussteller aus der Türkei keine lebenden Tiere im Gepäck, dennoch werden neben 3000 Bienen und 4000 Fischen auf der Grünen Woche 3000 weitere Heim- und Nutztiere ausgestellt. Sie alle müssen in diesem Jahr strenge Kontrollen durchlaufen, wie Christian Göke, Geschäftsführer der Messe Berlin erklärt. "Alles was lebt, muss fünf Tage vor Beginn der Messe noch einmal von einem Facharzt untersucht werden", sagt Göke. "Das ist meines Erachtens der höchstmögliche Standard der überhaupt durchführbar ist." Es habe während der Untersuchungen noch keinerlei Hinweise gegeben, dass hier etwas Auffälliges beobachtet worden wäre.

Boom trotz Vogelgrippe

Allen Befürchtungen vor einer Ausbreitung der Vogelgrippe zum Trotz boomt die Grüne Woche in diesem Jahr wie selten zuvor. Im 80. Jahr ihres Bestehens ist die Messe unter dem Berliner Funkturm die größte Nahrungsmittel- und Landwirtschaftsschau der Welt. Zudem können die Besucher in bunte Frühlingswiesen mit 15.000 Tulpen, Narzissen und Krokussen eintauchen, durch einen mediterranen Garten mit 2000 Duftkräutern wandern oder das Meer von 25.000 Blüten in der Blumenhalle bestaunen. Mehr als 1600 Aussteller aus 53 Ländern stellen ihre Produkte vor. "Damit ist das Gelände voll belegt, wir mussten in diesem Jahr sogar hinter der Tierhalle noch ein temporäres Hallenzelt aufbauen um überhaupt den Platzbedarf stillen zu können", sagt Göke.

30 Millionen Besucher

Die Grüne Woche blickt im Jahr 2006 auf eine 80-jährige Geschichte zurück. Aus einer schlichten lokalen Warenbörse des Jahres 1926 ist die international bedeutendste Messe der Ernährungswirtschaft, der Landwirtschaft und des Gartenbaus geworden, die seit ihrer Gründung 30 Millionen Menschen besucht haben. Diesmal kommen zwei Drittel aller Aussteller aus Deutschland. Größter ausländischer Aussteller und gleichzeitig Partnerland der Grünen Woche ist in diesem Jahr zum ersten Mal Russland. Auf 6000 Quadratmetern präsentieren sich die 22 Regionen des Landes von der Ostsee bis Sibirien mit ihren regionalen Spezialitäten. Neben den neuen EU-Mitgliedern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowenien, Tschechien und Ungarn präsentieren sich auch die EU-Anwärter Bulgarien und Rumänien sowie viele andere osteuropäische Länder. Rund zwei Drittel der Ausstellungsfläche stehen für den Weltmarkt der Ernährungsindustrie zur Verfügung.

In Deutschland zählt die Branche mit fast 6000 Betrieben, und mehr als einer halben Million Beschäftigten zu den wichtigsten Industriezweigen. "Unseren Unterlagen zufolge ist der Umsatz der Ernährungsindustrie 2005 um 3,3 Prozent auf 134,5 Milliarden Euro gestiegen", sagt Jürgen Abraham, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Dazu hätten maßgeblich die Exporte beigetragen. Im Ausland seien deutsche verarbeitete Lebensmittel im Wert von schätzungsweise 29,7 Milliarden Euro - einem Fünftel des Gesamtumsatzes - verkauft worden. Damit seien die Exporte um 7,2 Prozent gestiegen.

Bier und Zigarren

Auf der Grünen Woche präsentiert sich die Ernährungsindustrie vor allem mit regionalen und internationalen Spezialitäten, mit Wein und Bier, Zigarren und Digestifs. Den zweiten Schwerpunkt der Messe bildet die Landwirtschaft. Sie stellt sich vor allem durch Sonderschauen dar, beispielsweise zur biologischen Landwirtschaft und nachwachsenden Rohstoffen. Denn der Landwirt als Energiewirt ist ein Bereich mit ständig wachsender Bedeutung, wie der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner betont: "Wir haben in Deutschland 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und davon werden bereits auf zwei Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe, Biomasse, Bioenergie produziert." Deutschland sei in diesem Bereich europaweit führend.

Eine weitere Sonderschau der Landwirtschaft ist ein Erlebnis-Bauernhof, der für eine Ausbildung in den 14 so genannten Grünen Berufen wirbt. Über 40.000 Auszubildende lernen derzeit in den Agrarberufen, hinzu kommen noch einmal 30.000 in den Berufen Metzger, Bäcker und Konditor. Die Grüne Woche zeigt auch auf, welchen Stellenwert die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie innerhalb der deutschen Wirtschaft haben. Elf Prozent aller Erwerbstätigen sind in Deutschland direkt oder indirekt damit beschäftigt, Menschen mit Essen und Getränken zu versorgen beziehungsweise pflanzliche Rohstoffe für Nicht-Nahrungsmittel zu erzeugen. Insgesamt erzielt das so genannte Agribusiness einen Umsatz von jährlich 500 Milliarden Euro.