Mehr Zika-Fälle in Europa
27. Januar 2016Im berühmten Sambódromo, wo Anfang Februar Hunderttausende Karneval feiern werden, versuchen Spezialisten in Schutzanzügen mit Insektenbekämpfungsmitteln und Saugern die Aedes-Mücke zu bekämpfen. Sie überträgt nicht nur das gefährliche Dengue-Fieber sondern auch das Zika-Virus, das im Verdacht steht, bei einer Infektion von Schwangeren die sogenannte Mikrozephalie beim Kind auszulösen. Die Säuglinge kommen mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt, was mit Fehlbildungen im Gehirn einhergeht.
Bislang galt das Virus als harmlos. Symptome sind leichtes Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Hautrötungen. Doch nachdem mittlerweile aus den Krankenhäusern des Landes insgesamt mehr als 4000 Schädelfehlbildungen bei Neugeborenen gemeldet wurden, kann von einem harmlosen Virus keine Rede mehr sein. Die Zeitung "O Globo" berichtete von rund 200 neuen Verdachtsfällen bei Schwangeren pro Woche. Rund 500.000 Menschen sollen sich inzwischen in Brasilien infiziert haben.
Brasilien ist aber nicht als einziges Land von der Ausbreitung des Virus betroffen. Aus Kolumbien sind mittlerweile knapp 14.000 Fälle bekannt, auch aus anderen Ländern Mittel- und Südamerikas werden zahlreiche Fälle genannt. Aufgrund der geographischen Nähe und den ersten gemeldeten Fällen in den USA forderte der Präsident Barack Obama am Dienstag eine bessere Aufklärung seiner Landsleute. Alle Amerikaner müssten sich über das Zika-Virus informieren können. Der US-Präsident appellierte zudem an die Wissenschaft, verstärkt an einem Impfstoff zu arbeiten und die Diagnostik zu verbessern.
In Europa hingegen liegt die Zahl der Infektionen noch im einstelligen Bereich. Die ersten Fälle wurden in Italien, Großbritannien und Spanien bekannt. Am Mittwoch kamen dann Meldungen aus Dänemark und der Schweiz. Das behandelnde Krankenhaus in Aarhus stellte eine Zika-Infektion bei einem Dänen fest, der zuvor als Tourist in Südamerika gewesen sein soll. Es handele sich um einen jungen Mann, der voraussichtlich wieder voll genesen werde. In der Schweiz erklärten die Gesundheitsbehörden, die Patienten seien zuvor in Haiti und Kolumbien gewesen.
Hohe Dunkelziffer möglich
Nach Angaben des Hamburger Virologen Jonas Schmidt-Chanasit sind in Deutschland seit 2013 zehn Infektionen festgestellt worden. Alle Betroffenen hätten sich auf Fernreisen angesteckt. Der Mitarbeiter des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus. Seine Einrichtung ist neben dem Pasteur-Institut in Paris und zwei Instituten in den Niederlanden und Großbritannien eines der vier Referenzzentren in Europa, die die Infektion diagnostizieren können. Schmidt-Chanasit berichtet, die Zahl der Fälle steige nun, weil sich mehr Patienten untersuchen ließen und die Mediziner genauer hinschauten.
djo/qu (afp, dpa)