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Renaissance der Gefühle

Alexander Kudascheff24. Juli 2002

Wofür gibt Europa Geld aus? Für die Landwirtschaft, für die Kommission, für Entwicklungshilfe, für Infrastruktur - und für neue Studien, die meistens niemand braucht und schon gar nicht jemand liest.

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Das könnte sich ändern. Denn endlich hat die EU einen Auftrag finanziert, der vernünftig ist. "Europa: Emotionen, Identitäten, Politik". Und worum soll es da gehen? Worum kann es da nur gehen? Um den Europäer an sich, um sein Verhältnis zu sich selbst (Identität), um sein Verständnis von der Politik und natürlich um sein Verhältnis zum anderen Geschlecht.

Alles was wir schon immer wissen wollten

Denn Emotionen sind ja Gefühle - und niemand zweifelt daran, dass endlich die Gefühle der Europäer entschlüsselt werden sollen, Gefühle, über die man sowieso nicht gerne redet - und die steifen Briten erst nicht. Also: es wird das Liebesverhalten der Europäer dechiffriert, und damit endlich sichtbar, was Casanova und Madame Pompadour für die europäische Identität bedeutet.

Wollten das die Staats- und Regierungschefs der EU nicht schon immer wissen? Wollten das die Staats- und die Regierungschefs der Beitrittskandidaten und der Verweigerer (Norwegen/Schweiz, Liechtenstein) nicht schon immer wissen? Werden die Schweizer Urdemokraten nicht sofort den Antrag auf Mitgliedschaft im exklusiven europäischen Club der Gefühle stellen? Selbst die konservativen Appenzeller, die Frauen nicht wählen lassen mögen, müssten sich anschließen können.

Mamma mia - Detektivin der Gefühle

Mit einem Wort: von dieser kulturwissenschaftlichen Studie (mit 500.000 EURO dotiert) hängt die Zukunft des alten Kontinents ab. Und wer verantwortet die Detektivarbeit unserer Gefühle? Luisa Passerini, eine italienische Professorin, deren Vorname allein schon Gefühle weckt. Italien spielt also unter Berlusconi endlich wieder mit im europäischen Konzert der großen und der kleinen Emotionen.

Mamma mia! Mamma mia? Erleben wir etwa die Renaissance (rinascita) der Mutter? Ist sie das Urbild der europäischen Emotion und Identität? In zwei Jahren wissen wir mehr. Dann gibt es Ergebnisse.