Tillerson, Minister mit begrenztem Mandat
13. März 2018Am Ende war nur der Zeitpunkt überraschend, an dem US-Außenminister Rex Tillerson gefeuert wurde. Schon mehrmals meldeten US-Medien, der Rausschmiss oder Tillersons Rücktritt stehe direkt bevor. Sie rechneten ihn zu der kleinen - und schwindenden - Gruppe "Erwachsener" im Washingtoner Politikbetrieb. Und dann war es mal wieder ein einfacher Tweet Donald Trumps, der seine Amtszeit beendete.
Rex Tillerson war ein Novum im Washingtoner Betrieb: Ein Außenminister ohne jede politische Erfahrung. Dafür verfügt der 65 Jahre alte Texaner als langjähriger Chef des weltgrößten Ölkonzerns Exxon Mobil Corporation über Kontakte rund um den Globus. Das war wohl der Grund, warum ihn der frisch gewählte Präsident Donald Trump als Außenminister in sein Kabinett holte. Seine Begründung für Tillerson, die er - wo sonst? - über Twitter verbreitete, lautete: Der Mann habe "große Verhandlungserfahrung mit allen möglichen ausländischen Regierungen".
Ein Ölmanager als oberster Diplomat der Supermacht USA? Das galt vielen als undenkbar. Doch Rex Tillerson arbeitete sich in seinen neuen Job ein, so wie er sich in jeden neuen Job eingearbeitet hatte: akribisch und ehrgeizig. Der gelernte Bauingenieur begann 1975 bei Exxon als Produktionsingenieur und stieg stetig in der Hierarchie des Konzern auf - bis ganz nach oben. 1999, als die beiden Konzerne Exxon und Mobil fusionierten, wurde er stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Exxon Mobil Development Company. Anfang 2006 übernahm Tillerson von seinem Vorgänger Lee Raymond schließlich den Posten des Geschäftsführers von Exxon Mobil.
Als sein Meisterstück galt die Aushandlung eines Vertrages, der ExxonMobil den Zugang zu Öl- und Gasvorkommen unter der russischen Arktis verschaffte. Damit stach Exxon den britischen Konkurrenten BP aus. Aus dieser Zeit stammen die guten Kontakte zur Russland. Mit Präsident Wladimir Putin versteht sich Tillerson auch persönlich gut. "Er verbrachte mehr Zeit mit Putin als jeder andere Amerikaner, vielleicht mit Ausnahme von Henry Kissinger", sagte der Präsident des "Center for Strategic and International Studies" John Hamre über Tillerson.
".. dann sagst Du nicht nein"
Eigentlich wollte Tillerson sich nach 40 Jahren bei Exxon zur Ruhe setzen. Es kam dann jedoch anders: "Wenn dich der Präsident fragt, dann sagst du nicht nein", soll er gesagt haben, als ihn Trump rief. In einem anderen Interview sagte er, seine Frau habe ihm geraten, den Job anzunehmen. Am 1. Februar 2017 übernahm er das Außenministerium von John Kerry. Auch hier arbeitete er sich kontinuierlich in seinen Job ein. Ob es ehrlich gemeint war oder reine Höflichkeit, steht dahin; aber von seinen Kollegen erfuhr er fast durchgängig lobende Worte. Tillerson sei ein Kollege, mit dem man gut zusammenarbeiten könne, sagte etwa der scheidende Außenamtschef Sigmar Gabriel.
Doch das, was gut im Ausland ankommt, gefällt Donald Trump fast zwangsläufig nicht. Schnell zeigten sich Konflikte zwischen den beiden: Schon bei der Anhörung vor dem Senat bezog der designierte Minister Tillerson offen Stellung gegen einige von Trumps Positionen. Als frischgebackener Minister musste er zum einen hunderte von Stellen im diplomatischen Dienst abbauen. Zahlreiche erfahrene Diplomaten verließen das Außenministerium. Zum anderen übertrug Trump seiner Tochter Ivanka und seinem Schwiegersohn Jared Kushner außenpolitische Kompetenzen - ein klarer Affront gegen den Minister.
Streit über Russland, Nordkorea, Klimapolitik
Auch auf der Sachebene gab es unterschiedliche bis gegensätzliche Auffassungen, seien es die Sanktionen gegen Russland, die Haltung gegen Nordkorea, oder das Pariser Klimaschutzabkommen. Überall kollidierte Tillerson Realpolitik mit dem chaotisch mäandernden oder ideologisch festgelegten Kurs Trumps. Besonders verärgert reagierte Tillerson auf die Worte Trumps über den Aufmarsch von Neonazis in Charlottesville, als der Präsident "beiden Seiten" die Schuld an der Eskalation gab. Tillerson fuhr daraufhin Trump öffentlich in die Parade und sagte, der Präsident spreche nur für sich selbst und nicht für die Regierung.
Eigentlich rechneten Beobachter schon im Herbst 2017 mit dem Ende von Tillersons Karriere als US-Chefdiplomat: Anfang Oktober berichtete der Sender NBC News, Tillerson habe Präsident Donald Trump Ende Juli als "moron", zu deutsch als "Idiot" bezeichnet und seinen Rücktritt aus dem Kabinett angeboten zu haben. Vizepräsident Mike Pence habe Tillerson überzeugen müssen, im Amt zu bleiben. Trumps Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: In einem "Forbes"-Interview schlug er einen Vergleich der IQ-Tests vor und zeigte sich sicher, dass er dabei gewinnen würde.
Ende November meldeten mehrere Medien, dass Tillerson als Außenminister von CIA-Direktor Mike Pompeo abgelöst werden solle. Das Verhältnis zwischen Trump und Tillerson sei inzwischen völlig zerrüttet. Es sollte aber noch ein Vierteljahr dauern, bis das genauso eintrat. Jetzt kann Tillerson das tun, was er eigentlich schon vor gut einem Jahr wollte: in den Ruhestand gehen.