Rexepi: "Für den Dialog im vorgegebenen Rahmen"
3. August 2011DW: Herr Rexhepi, wie stellt sich die Sicherheitslage im Nord-Kosovo dar? Sind die Straßen zu den Grenzübergängen Jarinje und Brnjak passierbar?
Rexhepi: „Die allgemeine Lage ist unter Kontrolle, aber die Straßen, die nach Jarinje und Brnjak führen, sind immer noch durch Barrikaden versperrt, obwohl die KFOR zwischendurch einige entfernt hatte. Diese Barrikaden werden von kriminellen Gruppen im Norden kontrolliert, auf Geheiß staatlicher Organe in Belgrad. „
DW: Am Montag (1.8.) gab es laut Medienberichten einen diplomatischen Zwischenfall: Offizielle Vertreter Serbiens sind über die grüne Grenze in das Kosovo eingereist. Herr Rexhepi, Sie hatten ihnen für diesen Fall mit Festnahme gedroht. Warum?
Rexhepi: „Bei illegalem Aufenthalt im Kosovo ist die Prozedur klar. Für jeden serbischen Vertreter, der nach Kosovo einreisen will, muss ein Antrag gestellt werden, derzeit beim Sondergesandten der EU, der den Antrag dann an die Kosovo-Regierung weiterleitet. Dann entscheiden wir über Bewilligung oder Ablehnung. Weil die KFOR sie aber jetzt nicht mehr (ohne Einreiseerlaubnis) durchlässt, haben sie Waldwege benutzt. Dieser Aufenthalt ist illegal und eine Ermunterung an andere, es genauso zu machen. Jeder illegale Aufenthalt wird bestraft, und sie können jederzeit festgenommen und nach Serbien abgeschoben werden."
DW: Das Problem der Nordgrenze ist immer noch ungelöst. Wie kann die Sicherheit in diesem Gebiet gewährleistet werden. Sehen Sie einen Ausweg?
Rexhepi: „Für die allgemeine Sicherheit an der Grenze zu Serbien ist die KFOR zuständig. Hin und wieder finden auch gemeinsame Kontrollen (mit den Sicherheitsorganen des Kosovo) statt. Das Augenmerk liegt auf den Grenzübergängen Jarinje und Brnjak, also sie wieder funktionsfähig zu machen, sowie auf der Umsetzung des Regierungsbeschlusses zur Reziprozität im Handel mit Serbien. Die Nebenstraßen werden in einer späteren Phase gesperrt werden, und dann wird es keinen illegalen Grenzverkehr von Personen und Gütern geben."
DW: Heißt das, die Kosovo-Regierung wird wieder bereit sein, einzugreifen, wenn es nötig ist?
Rexhepi: „Wir haben volles Vertrauen, dass die KFOR mit ihrem Engagement die Lage unter Kontrolle hat. Und solange die KFOR zusammen mit EULEX die Lage unter Kontrolle behält und die Intervention der Polizei nicht nötig ist, bleiben wir nur in Bereitschaft. Falls die Lage es aber erfordert, ist es unsere verfassungsmäßige Aufgabe, einzugreifen. Das jedoch in größtmöglicher Abstimmung mit EULEX. „
DW: Herr Rexhepi, Sie erwähnten gerade EULEX. Bei Ihrem letzten Eingreifen hatten Sie keine Unterstützung durch die EULEX-Polizei. Wie erklären Sie sich diese Haltung der EU-Mission, und wie wird Ihre Zusammenarbeit in Zukunft sein?
Rexhepi: „In der Tat haben wir keine Unterstützung von EULEX verlangt. Das war eine Aktion der Kosovo-Polizei, die vom Premierminister angeordnet und von mir umgesetzt wurde. Während der Durchführung haben wir in Abstimmung mit der KFOR gehandelt, um die Sicherheit zu gewährleisten und die Menschen zu beruhigen. Das heißt nicht, dass sie (die KFOR) an der Aktion direkt beteiligt war, aber wir haben die Arbeit koordiniert, damit wir uns nicht in die Quere kommen. Von der EULEX hingegen haben wir keine Hilfe verlangt, wohl wissend, dass sie nicht wollte, dass der Regierungsbeschluss zur Reziprozität umgesetzt wird. EULEX hat zugelassen, dass LKWs mit Waren aus Serbien ungehindert ins Land gelangten. Daher war es zwingend erforderlich, dass wir die Kontrolle in Jarinje und Brnjak übernehmen und der Regierungsbeschluss umgesetzt werden konnte."
DW: In Belgrad hört man, die serbische Seite sei daran interessiert, dass alle offenen Fragen durch Dialog gelöst werden. Als ehemaliger Premierminister des Kosovo, wie sehen Sie die Zukunft des Gesprächsprozesses zwischen Prishtina und Belgrad?
Rexhepi: „Wir sind uneingeschränkt bereit zum Dialog, aber in dem von EU und USA vorgegebenen Rahmen, und über die vereinbarten Themen. Außerhalb dieses Rahmens wird es keinerlei Gespräche geben. Über alle Fragen, die mit den inneren Angelegenheiten des Kosovo, den Grenzen, der Polizei oder dem Justizwesen zu tun haben, wird es keine Gespräche geben. Niemand hat das Recht, auch nicht die EU, mit Serbien über die inneren Angelegenheiten des Kosovo zu verhandeln."
Interview von Esat Ahmeti
Redaktion: Vilma Filaj-Ballvora