Ökologische Architektur am Kölner Rheinufer
4. Dezember 2009
Die Zukunft ist bunt; oder besser gesagt: rot-grün. In diesen Farben schillern die beiden amöbenförmigen Bürogebäude an der Kölner Rheinuferstraße. Je nach Lichteinfall öffnen und schließen sich 5000 rote und grüne Klappläden und verändern so mehrmals am Tag das Aussehen der Fassade. Die Berliner Architekten Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton haben hier ein uraltes Prinzip angewendet – als ästhetisch ansprechende Idee, die eine große Wirkung auf den Stromverbrauch des Hauses ausübt. "Die Lichtautomatik hat einen Sensor auf dem Dach, der die Intensität des Lichts misst und die Läden ansteuert, die geschlossen werden müssen", erklärt der Bauingenieur Wilhelm Jouaux, der das Bauprojekt seit zwei Jahren in Köln betreut. Jetzt steht es kurz vor dem Abschluss, die ersten Mieter ziehen ein.
Nordlicht = Südlicht
Fenster sind oft die Schwachstellen von Häusern, weil dort Wärme entweichen kann. Das gilt besonders für Bürogebäude, die oft monströsen Glaskästen gleichen. In den Oval Offices haben die Architekten dieses Problem geschickt gelöst: In den Büros, die nach Süden ausgerichtet sind, sind die Fenster schmaler, in den Büros Richtung Norden werden sie größer. Dazwischen verhindern dick gedämmte Wandpaneelen, dass zu viel Energie verpufft. Die Fensterfläche ist damit um 50 Prozent geringer als in vergleichbaren Bürokomplexen. Eine ökologisch korrekte Lösung, die dafür sorgt, dass weniger geheizt werden muss. Klaus Severin von der Firma MEAG, die den Bau in Auftrag gegeben hat, sieht den Vorteil im "geringen Wärmeverlust von Innen nach Außen".
Der wirkte sich positiv auf das Heizsystem unter der Decke aus. Dort verlaufen Rohre, in denen Uferfiltrat des Rheins zum Kühlen beziehungsweise Heizen benutzt wird. Mit acht Grad Celsius wird es aus der Erde gepumpt. Im Sommer kühlt es die Büros, im Winter wird es zum Heizen verwendet. "Wir haben Tiefbrunnen in der Nähe des Rheins gebohrt, aus denen wird das Wasser hochgepumpt, benutzt und über Wärmetauscher an den Rhein zurückgegeben", erklärt der Bauingenieur Jouaux. Ein natürliches Prinzip, das jeder Mensch nutzt, wenn er an heißen Tagen seine Arme zum Abkühlen in kaltes Wasser taucht. Durch das ausgefeilte Energiekonzept benötigen die "Cologne Oval Offices" nur 105 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr - bei alten Gebäuden ist es oft viermal soviel. Ökologie fängt also schon beim Bauen an.
Ausgeklügeltes Heizsystem
Die "Cologne Oval Offices" zeigen, dass nachhaltiges Bauen und eine zeitgenössische Architektursprache kein Widerspruch sein müssen - typisch für die Arbeitsweise der Architekten Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton, die ökologische Lösungen stets mit einer ästhetisch anspruchsvollen Umsetzung zu verbinden trachten. Zuletzt sorgte das Duo mit dem Museum Brandhorst in München und dem Bundesumweltamt in Dessau für Furore. Für die Oval Offices haben Sauerbruch und Hutton bereits mehrere Auszeichnungen erhalten, denn sie verbrauchen nur halb so viel Energie wie andere moderne Bürobauten ähnlicher Größe.
Natürlich hätten die Investoren noch weiter gehen können: zum Beispiel mit der Installation einer Solaranlage auf dem Dach oder einem Blockheizwerk im Keller. Was zu noch höheren Baukosten geführt hätte. Der Investor hielt so eine Anlage nicht für überflüssig. "Über die Fernwärme sind wir schon so günstig in der Gesamtbetrachtung, dass ein Blockheizwerk nicht nötig wäre", sagt Klaus Severin. Die "Cologne Oval Offices" haben längst nicht alle Möglichkeiten der grünen Architektur ausgeschöpft. Experimente sind für Investoren meist zu risikoreich, denn hohe Baukosten bedeuten höhere Miete. Aber die "Cologne Oval Offices" zeigen, dass auch ein Mittelweg zwischen Ökonomie und Ökologie ein Beitrag zur Nachhaltigkeit sein kann.
Nicht zuletzt kommt es auch auf die Mieter an. Sie müssen lernen, umweltschonend im Büro zu arbeiten. Ein erster sinnvoller und nachhaltiger Schritt wäre es, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Direkt vor den Eingangsdrehtüren warten schon zahlreiche Fahrradständer. Wer radelt, sitzt also als Erster am Schreibtisch.
Autorin: Sabine Oelze
Redaktion: Henrik Böhme