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Journalisten: Eingeschüchtert, eingesperrt

Mantegaftot Sileshi/ sd17. Dezember 2014

Eingeschüchtert, eingesperrt: Immer mehr Journalisten landen im Gefängnis, so das Committee to Protect Journalists. Die Situation am Horn von Afrika sei besonders bedenklich, sagt CPJ-Experte Tom Rhodes im DW-Interview.

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Bild: Tony Karumba/AFP/Getty Images

DW: Herr Rhodes, Ihrem jüngsten CPJ-Bericht zufolge befinden sich 220 Journalisten weltweit im Gefängnis. In Äthiopien habe sich die Situation extrem verschärft, nachdem einige unabhängige Medien geschlossen und Blogger verhaftet wurden. Wie viele Journalisten in Äthiopien sind inhaftiert?

Tom Rhodes: Momentan sitzen in Äthiopien 17 Journalisten im Gefängnis. Das ist die höchste Zahl seit 2005. Damals kam es nach den Wahlen zu einem harten Vorgehen gegen die Medien.

Viele inhaftierte Journalisten beklagen immer wieder die schlechten Bedingungen in staatlichen Haftanstalten wie Kality oder Kilinto. Haben Sie Details über die Situation vor Ort?

Obwohl es sehr schwierig ist, in die Gefängnisse hineingelassen zu werden und Informationen aus erster Hand zu bekommen, kennen wir einige Details. Zum Beispiel haben wir Berichte von zwei Journalisten aus dem Gefängnis Ziway, südlich der Hauptstadt Addis Abeba. Das ist eines der Gefängnisse mit den härtesten Bedingungen in Äthiopien, wenn nicht in ganz Ostafrika, wegen der hohen Temperaturen und der mangelhaften Ausstattung. Das Gleiche gilt auch für das Gefängnis in Kality, wo viele politische Gefangenen festgehalten werden. Viele berichten, dass sie geschlagen und zu Geständnissen gezwungen wurden. Auch hat man den Häftlingen den Kontakt zu ihren Familien verweigert.

Tom Rhodes CPJ
Tom Rhodes vom Committee to Protect JournalistsBild: privat

Wie ist die Situation inhaftierter Journalisten im Nachbarland Eritrea?

Die Situation dort ist ähnlich besorgniserregend wie in Äthiopien. Das Horn von Afrika ist trauriger Spitzenreiter wenn es darum geht, Journalisten zu inhaftieren. Die Situation in Eritrea war schon immer ausgesprochen schwierig für Journalisten. Wir wissen von 23 eingesperrten Journalisten. Aber es kann gut sein, dass es wesentlich mehr sind. Wir bemühen uns, so akkurat wie möglich zu sein, aber eigentlich können wir die Zahl nur schätzen. Es könnten mehr sein als 23 inhaftierte Journalisten, oder vermutlich sogar weniger, weil einige vielleicht schon in Gewahrsam gestorben sind. In Äthiopien besteht immerhin noch die Möglichkeit, an Informationen zu gelangen. Aber mit Eritrea ist es fast wie mit Nordkorea: Die Menschen wissen einfach nicht, was dort vor sich geht.

Eritrea trägt den beschämenden Titel des führenden Gefängniswärters in Afrika; direkt gefolgt von Äthiopien auf Platz zwei. China hat 44, Syrien 12 und Vietnam 16 inhaftierte Journalisten. Wenn Sie die Zahlen von Äthiopien und Eritrea dazu in Relation setzten, ist das extrem besorgniserregend.

Infografik 220 weltweite inhaftierte Journalisten 2014 Deutsch

Die äthiopische Regierung beschuldigt mehrere Journalisten, sich an terroristischen Handlungen beteiligt zu haben. Gibt es Beweise dafür, dass ihre Inhaftierung politisch motiviert ist?

Wenn Sie sich die Fälle der Journalisten genauer anschauen, die 2011 inhaftiert wurden, gibt es keinerlei Hinweise auf Verbindungen zu terroristischen Handlungen oder auch konkrete Verbindungen zu Oppositionsparteien. Das gilt auch für die neun Blogger, die im April 2014 inhaftiert wurden. All das ist sehr frustrierend für uns.

Die jüngsten Festnahmen von Journalisten interpretieren viele Beobachter als eine massive Einschüchterungsmaßnahme der Regierung im Vorfeld der äthiopischen Parlamentswahlen in Mai 2015. Sehen Sie das ähnlich?

Ja, das vermuten wir auch. Und auch Kollegen in Addis Abeba oder Äthiopier, die im Exil leben, glauben, dass kritische Stimmen mundtot gemacht werden sollen, damit die Wahlen reibungslos und zugunsten der Regierungspartei verlaufen.

In jüngster Zeit haben etliche äthiopische Journalisten das Land verlassen. Wissen Sie, wie viele?

Seit Beginn des Jahres beobachten wir einen enormen Anstieg von Journalisten, die aus dem Land fliehen. Viele sind im August geflohen. Der Grund war ein Gerichtsurteil, das verschiedene Zeitungen und Magazine verbot. Die Journalisten haben Angst vor einer Festnahme, sie sehen, wie ihre Kollegen festgenommen werden, ohne ein faires Verfahren. Ich würde schätzen, mindestens 30 von ihnen haben das Land daraufhin verlassen. Und ich fürchte, mit Blick auf die Wahlen 2015, dass es noch mehr werden. Es sind nur noch sehr wenige kritische Stimmen in Äthiopien, bestenfalls noch ein oder zwei Medien.

Der Historiker und Journalist Tom Rhodes ist Ostafrika-Repräsentant der internationalen Journalistenorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ). Rhodes arbeitete unter anderem im Sudan und Südsudan.

Das Interview führte Mantegaftot Sileshi.