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Richard Ernst

Marco Vollmar und Sabrina Scholz2. Oktober 2008

Richard Ernst ist Nobelpreisträger im Bereich Chemie 1991 für seine Arbeit im Bereich der Kern-Magnet-Resonanz. Seit seiner Auszeichnung hält er, nach eigener Aussage, gerne Moralpredigten.

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Bild: AP


Wie haben Sie von Ihrem Nobelpreis 1991 erfahren und wo waren Sie da gerade?

Das war recht spannend. Ich war im Flugzeug zwischen Moskau und New York, weil ich in New York einen anderen Preis - den Horwitz-Preis - an der Columbia University bekommen sollte. Der Kapitän des Flugzeugs kam zu mir und fragte mich: "Sind sie Herr Ernst?" Und ich sagte: "Ja, was wollen sie von mir?" Er sagte: "Sie haben gerade einen Preis gewonnen und zwar den Nobelpreis!" Das war eine große Überraschung.

Was hat Ihnen die Auszeichnung persönlich gebracht?

Am Anfang erst einmal mehr Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Nach der Emeritierung hat er mir vor allem meine Stimme gegeben. Ich kann jetzt auftreten an verschiedenen Hochschulen, Kongressen, in privaten Gesellschaften und habe dort eine Stimme. Man hört auf mich. Und die Leute erwarten von mir dann einen wissenschaftlichen Vortrag und sind dann sehr enttäuscht, dass sie eine Moralpredigt kriegen. Das versuche ich auszunutzen.

Hatte der Nobelpreis auch negative Auswirkungen?

Ja, die Mitmenschen werden kritischer gegenüber einem. Sie werden natürlich auch aufmerksamer, aber gleichzeitig auch kritisch. Ich habe zum Beispiel gemerkt, dass es schwieriger ist, ein Paper zu publizieren, weil die Leute lesen die jetzt auch wirklich. Und die versuchen Fehler, zu finden. Das ist ein großes Vergnügen bei einem Nobelpreisträger einen Fehler zu entdecken. Bei einem normalen Menschen kümmert man sich doch nicht drum.

Was haben Sie mit dem Preisgeld gemacht?

Das wurde auf verschiedene Arten eingesetzt. Zum Teil für die eigene Forschung, zum Teil für karitative Zwecke, zum Teil unterstützt es meine Forschungs- und Sammlertätigkeit im asiatischen Bereich.

Was war Ihr schlechtestes Schulfach?

Sprache. Als kleiner Knabe habe ich überhaupt keine Sprache gesprochen. Meine Eltern hatten das Gefühl, ich sei debil. Ich entwickelte dann meine eigene Sprache, die niemand verstanden hat außer meiner Schwester. Sie war meine Übersetzerin und übersetzte, was ich sagte. Diese Sprache bestand aus frei erfundenen Wörtern, die niemand sonst benutzte.

In welcher anderen akademischen Disziplin würden Sie gerne forschen?

Ich habe ein zweites Standbein: die asiatische Kunst. Tibet interessiert mich ganz besonders und die tibetische Malkunst, die begeistert mich sehr. Also für den Bereich Ethnologie und so etwas da hätte ich schon noch Interesse. Und die ganze Geschichte von Zentralasien zum Beispiel, die ist extrem kompliziert und auch extrem interessant. Sich in eine fremde Kultur hineinzudenken, das finde ich faszinierend.

Was sind die größten Herausforderungen, vor der die Menschheit steht?

Ich glaub, die Umweltbedingungen, die Lebensbedingungen so erhalten, dass zukünftige Generationen auch die Möglichkeit haben, zu überleben und ein Leben so zu gestalten, wie wir es gewohnt sind.

Wie wollen Sie das erreichen?

Indem wir den Akteuren ins Bewusstsein rufen, was sie eigentlich tun. Man muss vorausschauen und überlegen, welche Auswirkungen das auf die Zukunft hat.

Ist die Welt noch zu retten?

Ich glaub schon. Wir dürfen uns vor allem diese Illusion nicht nehmen. Wir brauchen das für die Zukunft. Natürlich alles, was wir tun, ist in einem gewissen Sinne dissipativ, wir können nicht rückgängig machen, was wir gemacht haben. Und es gibt terminale Störungen im System, die wir verursachen. Wir sollten diese minimalisieren.

Was tun Sie persönlich, um die Welt besser zu machen?

Erst einmal gebe ich sehr viele Vorträge. Ich selbst führe ein einfaches Leben und versuche meine Bedürfnisse zu minimalisieren so viel ich kann. Ich versuche auch in anderen Ländern, in Entwicklungsländern, zu wirken, zu versuchen, die Leute zu fördern. Ich bin noch immer Hochschullehrer und versuche die jungen Leute zu überzeugen, wie der richtige Weg aussieht.