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Riesenmarkt mit Restrisiko

Christian Radler8. Juli 2004

Überschattet von der Yukos-Krise trifft Kanzler Schröder mit einer Wirtschaftsdelegation in Moskau Präsident Putin. Großkonzerne sind dort schon erfolgreich, kleine Firmen sollten sich beeilen – und vorsehen.

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Der russische Verbraucher will gewonnen werdenBild: AP

Schwerpunkt der Unternehmergespräche in Moskau ist das direkte Engagement deutscher Firmen in Russland. An der Konferenz nehmen unter anderem die Vorstandschefs von Siemens, Deutscher Bank, Commerzbank, Ruhrgas und Lufthansa teil. Die Wirtschaft will bei Putin auf Transparenz und Rechtsstaatlichkeit im Fall Yukos drängen. Kanzler Schröder will zudem in der Moskauer Finanzakademie vor rund 800 Studierenden eine Rede halten.

Bei dem eintägigen Kurzbesuch ist ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geplant. Dabei will Schröder nach Regierungsangaben aber nicht die Lage des von der Insolvenz bedrohten russischen Ölkonzerns Yukos
ansprechen.

Offener Markt

Nach dem Crash der russischen Wirtschaft 1998 waren Außen- wie Binnenhandel des Riesenreichs rapide eingebrochen. Doch davon ist inzwischen nicht mehr viel zu spüren: Der Markt steht offen. "Da die russische Wirtschaft jetzt wieder jährlich um sechs bis acht Prozent wächst, ist dieser Markt vor allem für die Konsumgüterindustrie spannend", sagt Manfred Sapper von der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde in Berlin. Das deutsch-russische Handelsvolumen kann sich sehen lassen: Es lag im Vorjahr bei einer Rekordsumme von 25,5 Milliarden Euro. Dieser Trend setzt sich im Verhältnis der Europäischen Union zu Russland fort. 50 Prozent aller russischen Importe kommen aus EU-Staaten. Einen Wermutstropfen gibt es laut Sapper: "Nur drei bis fünf Prozent der Waren, die in die EU importiert werden, stammen aus Russland."

Metro-Gruppe auf Vormarsch

Karte Russland
Riesenland mit ebensolchem PotenzialBild: AP

Einer der größten deutschen Investoren in Russland ist die Düsseldorfer Metro-Gruppe. Sie bietet viele der Konsumgüter, die die 145 Millionen russischen Verbraucher verlangen. Nicht zufällig ist Metro-Vorstandschef Hans-Joachim Körber prominentes Mitglied der Schröder-Delegation in Moskau. "Wir sind seit 2001 erfolgreich auf dem russischen Markt vertreten", sagt Metro-Sprecher Jürgen Homeyer. In Moskau hat der deutsche Handelsriese fünf, in St. Petersburg zwei Märkte errichtet. Die Russland-Story der Metro hört sich erfolgreich an, wenn Homeyer sie erzählt: "Nach zwei Jahren schreiben unsere russischen Häuser schwarze Zahlen", sagt er. Aber: "Natürlich sind unsere Investitionen – pro Markt etwa 15 Millionen Euro – noch nicht wieder eingespielt." Doch die Metro will weiter wachsen.

90 Prozent der Waren aus heimischer Produktion

"Noch im laufenden Jahr werden wir die Anzahl unserer Märkte in Russland auf 15 erhöhen. Unter anderem werden wir die Millionenstädte an der Wolga erschließen", kündigt Homeyer an. Die Metro interessiert sich dabei für langfristige Geschäftsbeziehungen, sagt er. "Wir wollen stabile Verhältnisse, meistens kaufen wir Grund und Boden, investieren in die lokale Infrastruktur. Wir stellen viele lokale Arbeitskräfte ein, und 90 Prozent der bei uns verkauften Produkte stammen aus Russland."

Metro verfehlt Umsatzziel
Als die heimischem Märkte auf der Stelle traten, fand der Metro-Konzern das Glück in RusslandBild: AP

Für Homeyer ist klar, dass die Metro aus all diesen Gründen auch bei den lokalen Behörden beliebt ist: "Der Moskauer Bürgermeister hat uns besonders unterstützt." Das hört sich nach Traumbedingungen für große Unternehmen an, die sich in Russland ansiedeln. "Wichtig ist aber, dass man den Markt sorgfältig prüft, bevor man sich auf den Weg macht. Bei uns hat das Jahre in Anspruch genommen", erinnert sich der Metro-Sprecher.

Wichtig: Rechtzeitig beraten lassen

Der Riesenmarkt birgt aber auch Restrisiken: Für kleinere europäische Unternehmen, die erst jetzt auf den russischen Markt wollen, empfiehlt sich deshalb eine Beratung bei der Industrie- und Handelskammer. "Diese Firmen sollten sich rechtzeitig beraten lassen, um die besonderen Bedingungen in Russland möglichst früh realistisch einschätzen zu können", sagt DIHK-Russlandexperte Peter Presber. "Die Unterschiede zwischen deutscher und russischer Bürokratie sind groß. Und Korruption ist definitiv ein Problem."

Allerdings attestiert Presber den Russen auch Fortschritte: "In den letzten fünf, sechs Jahren hat es zahlreiche neue Gesetze gegeben, die die Rahmenbedingungen für ausländische Investoren und Unternehmer verbessern." Probleme bei der Ein- oder Ausfuhr von Waren haben laut Presber "auch damit zu tun, dass sich die neuen Gesetze noch nicht in die letzte Amtsstube herumgesprochen haben". In jedem Fall hält die DIHK die Zeit für ein Engagement in Russland für günstig. "In den letzten Jahren wächst der Markt. Das muss man ausnutzen, damit man mitwächst", sagt Presber.