Rohani in Davos: Eiertanz um ein Wort
23. Januar 2014Rund zwanzig Minuten dauerte die Rede von Hassan Rohani. Es war der erste Auftritt eines iranischen Präsidenten auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) seit zehn Jahren. Rohani sprach über Syrien, Terrorismus, Atompolitik, Öl und friedlichen Beziehungen zu allen Ländern. Ein Wort fiel nicht: Israel.
Lachen ohne Israel
WEF-Gründer Klaus Schwab vermied das Wort Israel ebenfalls. In einem sorgsam choreografierten Gespräch nach der Rede fragte er Rohani, ob er auch wirklich alle Länder meine, wenn er von Frieden spreche. Der Angesprochene lächelte und sagte: "Alle Länder, die die Islamische Republik Iran offiziell anerkannt hat."
Er wolle gesunde und friedliche Beziehungen mit allen, fügte Rohani hinzu. Darauf Schwab: "Ich wiederhole ihre letzten Worte: mit allen." Rohani musste lachen. "Ja, der ganzen Welt. Mit allen Ländern, die Iran offziell anerkannt hat." Jetzt lachte auch Schwab und sagte: "Die Sie offiziell anerkannt haben oder vielleicht noch anerkennen werden." Rohani lachte wieder, das Publikum im Konferenzsaal ebenfalls, dann war das Gespräch beendet.
Verpasste Chance
Als Reaktion auf Rohanis Auftritt wandte sich kurz darauf Israels Präsident Shimon Peres an die Presse. Er warf Rohani vor, trotz Friedensbeteuerungen weiterhin Terroristen mit Waffen zu beliefern. "Der Iran ist das Zentrum des Terrors in unserer Zeit", so Peres.
Rohanis Rede wertete er als verpasste Chance. Irans Präsident habe "keine Unterstützung für den Frieden im Nahen Osten" zum Ausdruck gebracht. Im Vorfeld hatte Peres angeboten, Rohani in Davos zu treffen, der hatte jedoch abgelehnt. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der ebenfalls in Davos ist, hatte seinerseits ein Treffen mit Rohani von der Anerkennung des Staates Israel durch den Iran abhängig gemacht.
Wahlen für Syrien
Zum Syrien-Konflikt hatte Rohani gesagt, die beste Lösung seien freie und faire Wahlen. Zuerst aber müsse das Blutvergießen gestoppt und von außen eingedrungene Terroristen vertrieben werden. Die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad müsse ohne Druck mit der Opposition über die Zukunft beraten können.
Neben Russland gilt der Iran als wichtigster Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Rohani hatte eigentlich auch auf der Syrien-Friedenskonferenz im schweizerischen Montreux sprechen sollen, war aber auf Druck der USA von den Vereinten Nationen wieder ausgeladen worden.
Werben um Investitionen
Seinen Auftritt in Davos nutzte Rohani, um Irans friedliche Absichten beim Atomprogramm zu beteuern: "Atomwaffen haben keinen Platz in der iranischen Sicherheitsstrategie."
Außerdem sprach er sich für eine Aufhebung der gegen Iran verhängten Sanktionen aus. Iran gehört zu den größten Ölförderern der Welt, doch wegen der Sanktionen ist die Förderung gedrosselt, viele Anlagen sind veraltet.
Am Morgen hatte sich Rohani in Davos bereits mit Energieexperten und potentiellen Investoren getroffen. Am Ende seiner Rede warb er erneut für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit: "Ich lade die Teilnehmer des Forums ein, den Iran zu besuchen und sich dort selbst ein Bild zu machen von den großen Möglichkeiten für Investitionen."
Auch Israels Premier Netanjahu, der planmäßig einige Stunden nach Rohani auf dem Forum sprach, warb um Investitionen und präsentierte Israel als ein Zentrum für Forschung, Technologie und IT-Startups.
Netanjahu glaubt kein Wort
Erst im Gespräch nach seiner Rede äußerte er sich zur Rede des iranischen Präsidenten. "Rohanis sanfte Worte klingen gut, sind aber falsch." Rohani behaupte, der Iran sei gegen eine Intervention in Syrien. "Dabei intervenieren sie doch selbst in Syrien", so Netanjahu. Es sei von größter Bedeutung zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelange, in diesem Punkt sei er sich mit anderen arabischen Regierungen im Nahen Osten einig.
Im vergangenen September hatte Rohani per Twitter überraschend allen Juden seine guten Wünsche zu deren Neujahrsfest ausgerichtet. Gefragt, ob er es für möglich halte, dass der Iran seine Politik gegenüber Israel grundsätzlich ändere, sagte Netanjahu in Davos. "Das wäre wunderbar. Es würde auch die Sicherheitslage in der gesamten Region völlig verändern."