Filmarchitekt und Oscarpreisträger Rolf Zehetbauer ist tot
Seinen Namen kennt kaum einer, sein Werk schon: Rolf Zehetbauer schuf die Kulissen für Filmklassiker wie "Das Boot", "Die unendliche Geschichte" oder "Cabaret". Er wurde 92 Jahre alt.
Ein Meister seines Fachs
Zehetbauers Karriere begann 1947 als Ausstattungsassistent beim Münchner Studio Bavaria Film. Schon 1963 hatte er sich zum Chefbühnenbildner hochgearbeitet. Er schuf die Sets von Kriegsfilmen, ließ die Goldener Zwanziger Jahre in Berlin wieder auferstehen und entführte das Publikum auf der Leinwand in märchenhafte Phantasiewelten. Teamwork war ihm wichtig, große Auftritte überließ er anderen.
Raumpatrouille Orion
1966 startete das Raumschiff Orion in die unendlichen Weiten des Weltalls: Heute hat die Serie um den rebellischen Commander McLane und die außerirdischen Frogs längst Kultstatus. Zehetbauer griff tief in die Trickkiste, um die Kulisse futuristisch zu gestalten - und in Baumarktregale. Da kam dann auch schon mal ein Bügeleisengriff oder ein Badewanneneinlauf zum Einsatz.
Cabaret
1972 erschien das Filmmusical "Cabaret": Im Berliner Nachtclub der 1930er versucht man zu verdrängen, was sich in Deutschland politisch zusammenbraut. Acht Oscars gab es für die Produktion, einen davon gewann Rolf Zehetbauer für das Set. "I try it in English" bedankte er sich für die Trophäe - und verwies bescheiden darauf, dass die Auszeichnung ohne Regisseur Bob Fosse nicht möglich gewesen wäre.
Das Schlangenei
Das historische Drama des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman erzählt die Geschichte eines arbeitslosen Zirkusakrobaten, der versucht, während der Hyperinflation Ende 1923 in Berlin über die Runden zu kommen. Eines Tages wird sein Bruder ermordet. Auch in diesem Film aus dem Jahr 1977 hat Zehetbauer mit sicherem Gespür das perfekte Set geschaffen.
Das Boot
An rund 150 Produktionen arbeitete Zehetbauer mit, international berühmt wurde auch "Das Boot" (1981) von Wolfgang Petersen, der damit den Sprung nach Hollywood schaffte. Vielleicht nicht zuletzt durch die realitätsgetreue Kulisse, die sein Kollege für diesen Kriegsfilm kreierte. Gedreht wurde die Geschichte der U-Boot-Crew im Bavaria-Studio und in der französischen Hafenstadt La Rochelle.
Querelle
Die deutsch-französische Co-Produktion entstand 1982 unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder. Es geht um den zwielichtigen Matrosen Querelle, um Mord, homoerotische Liebe und Verrat. Die surreale Hafenlandschaft in bizarrem Lichterspiel trägt Zehetbauers Handschrift.
Die unendliche Geschichte
Auch für diesen Fantasy-Film aus dem Jahr 1983 arbeitete Zehetbauer wieder eng mit Wolfgang Petersen zusammen. Das Land Phantasien wird von einer unheimlichen Macht bedroht. Atréju (Foto) und der Glücksdrache Fuchur wollen es retten. Die märchenhaften Kulissen zum Film haben schon Generationen von Kindern verzaubert.
Schlafes Bruder
1995 kam die Verfilmung des international erfolgreichen Romans von dem Österreicher Robert Schneider in die Kinos. Held der Geschichte ist der Außenseiter Elias, dessen einzigartige Gabe, das absolute Gehör, unentdeckt bleibt. Um das Landleben im 19. Jahrhundert möglichst authentisch darzustellen, baute Zehetbauer ein komplettes Bergdorf nach.
Comedian Harmonists
1997 verfilmte Joseph Vilsmaier die Geschichte des Berliner Vokalensembles, das zwischen 1928 und 1935 auch international Karriere machte. Da drei der sechs Sänger Juden waren, kam es danach zu Auftrittsverboten durch die Nazis. Zehetbauer hat ein opulentes Filmset geschaffen, das die Goldenen Zwanziger Jahre ebenso einfängt wie die wachsende Bedrohung durch die Nationalsozialisten.
Ein Herz fürs Oktoberfest
Manchmal ging Zehetbauer den Filmstudios fremd und kreierte auch andere Settings. So schuf er u.a. die Ausstellungsräume des Deutschen Museums in Bonn. Eine Herzenssache war für den gebürtigen Münchner 2004 die Gestaltung des "Hacker-Zelts" auf dem Oktoberfest. Seitdem trinken die Gäste ihr Bier im "Himmel der Bayern". Rolf Zehetbauer starb im Alter von 92 Jahren in seiner geliebten Heimatstadt.