Rotes Gold aus den Anden
13. Mai 2011Was lange währt wird endlich gut – das kann man mit Fug und Recht von der Ausstellung "Schätze der Anden – Chiles Kupfer für die Welt" behaupten. Anfang der 1990er Jahre besuchte der Sales-Manager der staatlichen chilenischen Kupfergesellschaft Codelco das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum. Eine Darstellung des Bergbaus in Chile - immerhin der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes - suchte er dort jedoch vergebens. Museumsdirektor Rainer Slotta hörte sich die Klage an. "Daraufhin haben wir 1993 einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Und so ist es dann gekommen, dass wir jetzt unsere große Chile-Ausstellung eröffnen können", fasst Slotta die dazwischen liegenden 18 Jahre knapp zusammen. Den Anfang machte ein großer Brocken Kupfererz aus Chuquicamata, den Codelco als Appetithappen ins Ruhrgebiet schickte.
Chile ist stolz auf seinen Bergbau
Anfang Mai konnte die Ausstellung über das chilenische Kupfer schließlich eröffnet werden. "Wir zeigen Land und Leute, die Lagerstätten mit ihren geologischen Besonderheiten, wie die Erdplattenverschiebungen, die immer wieder zu Erdbeben in Chile führen", erläutert Ausstellungskurator Rainer Slotta. Den Besucher erwartet ein Ausflug in die Geschichte "von den Anfängen über die Incas bis zum 19. und 20. Jahrhundert, also der Beginn des Kupferbergbaus" in Chile, fährt der Bochumer Museumsdirektor fort.
Besonders beeindruckt haben ihn die "riesigen Dimensionen der dortigen Tagebaue und der Tiefbaue: Streckenlängen von 2200 Kilometern im größten Untertagebergwerk der Welt in El Teniente oder Tagebautiefen von bis zu 1300 Metern sind im Ruhrgebiet unvorstellbar!" Im Unterschied zu Deutschland sei Chile "ein Land, das zu seinem Bergbau steht. 40 Prozent des Bruttosozialproduktes in Chile kommen aus dem Bergbau, der dadurch einen ganz anderen Stellenwert genießt als der Bergbau zurzeit in Deutschland hat." Rainer Slotta stellt das fast ein bisschen neidisch fest.
Allein in Chuquicamata, mit sechs Kilometern Länge und drei Kilometern Breite das gegenwärtig größte Tagebauwerk der Welt in der Atacama-Wüste im Norden Chiles, werden täglich ungefähr 1500 Tonnen hochprozentiges Kupfer gewonnen. Das Gestein hat hier einen Kupfergehalt von 1,5 Prozent. Auch wenn das für den Laien minimal erscheinen mag: Die Konzentration ist damit doppelt so hoch wie in anderen Kupferabbauregionen der Erde.
Zwischen Mumien und Higthech
Auf der 800 Quadratmeter großen Sonderausstellungsfläche im Anbau des Bochumer Bergbaumuseums erwartet den Besucher auf zwei Etagen eine Zeitreise von den Anfängen der Gold- und Kupferverarbeitung durch die präinkaischen Völker in der Atacamawüste bis hin zu Videoprojektionen über den Hightech-Bergbau in der Kupfermine El Teniente, deren Maschinen aus einer Steuerungszentrale im 60 Kilometer entfernten Rancagua per Joystick bedient werden, "vorrangig von Frauen, die für diese Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes mehr Fingerspitzengefühl haben", wie Codelco-Sales-Manager Alexander Leibbrandt von Neefe nicht ohne Stolz beschreibt. Mit der Ausstellung verfolge Chile zwei Ziele: "Den chilenischen Kupferbergbau in der Welt bekannt machen", so der Codelco-Manager, "und auch in Chile selbst. 2012 wird in Santiago ein Kupfermuseum eröffnet, in dem wir Teile dieser Ausstellung zeigen werden – bislang hat es so etwas in Chile noch nie gegeben."
Die Rettung der 33
Dort wird dann auch die Rettungskapsel "Fénix 2" ihre endültige neue Heimat finden. Sie war im Oktober 2010 für die Rettung der 33 Kumpel gebaut worden, die nach dem Einsturz der Goldmine San José 69 Tage lang unter der Erde überlebten. Zurzeit ist die Kapsel in Bochum zu sehen – neben einem Modell der wesentlich kleineren Dahlbuschbombe, die als Vorbild für den Fénix diente. "Das ist natürlich ein ungeheurer Vertrauensbeweis der chilenischen Regierung an uns", freut sich Bergbaudirektor Rainer Slotta über die Leihgabe. In zwei Monaten geht der Fénix wieder auf die Reise, nach Washington D.C., und wird dann in der Bochumer Ausstellung durch ein maßstabgetreues Modell vertreten, das von den Museumsingenieuren eigens für die Ausstellung angefertigt wurde. Das Grubenunglück von San José hatte in Chile eine Diskussion über die Sicherheitsstandards im Bergbau ausgelöst. Allerdings, kritisieren die Gewerkschaften, seien konkrete Verbesserungen bislang ausgeblieben. Alexander Leibbrandt von Neefe von der staatlichen Kupfergesellschaft Codelco will diese Kritik nicht gelten lassen. "Es gibt zwar Minen, in denen heute noch wie vor hundert oder zweihundert Jahren gearbeitet wird, aber das betrifft nur einen kleinen Teil des Bergbaus in Chile. In den mittleren Unternehmen wird inzwischen sehr effizient und mit moderner Technologie gearbeitet. Und Unternehmen wie Codelco und die großen privaten Firmen arbeiten mit Spitzentechnologie.“
Kupfer hat Zukunft
Angesichts der steigenden Preise für Kupfer auf dem Weltmarkt arbeiten Forscher bereits seit Jahren an der Entwicklung von Ersatz-Materialien, die vor allem im Bereich der Elektrizität und der Chip-Industrie von Bedeutung sind. Doch Alexander Leibbrandt von Neefe sieht der Zukunft gelassen entgegen. "Im Laufe der Geschichte ist Kupfer immer wieder durch neue Materialien teilweise verdrängt worden. Dank seiner vielfältigen Eigenschaften hat es aber gleichzeitig immer neue Anwendungsmöglichkeiten erfahren, zum Beispiel in der Medizin und der Landwirtschaft. Und die Elektrifizierung in Schwellenländern wie Indien oder anderen asiatischen Staaten ist noch längst nicht abgeschlossen. Also, die Zukunft des Kupfers ist mehr als sicher.“
Die Ausstellung im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum läuft bis zum 19. Februar 2012.
Autorin: Mirjam Gehrke
Redaktion: Friedel Taube