Rückgabe der Benin-Bronzen besiegelt
27. August 2022Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz überträgt das Eigentum ihres Bestandes an Benin-Bronzen komplett an Nigeria. Es handelt sich um 512 Objekte aus dem Königreich Benin, das heute zu Nigeria gehört. 168 der übereigneten Objekte bleiben als Leihgabe für zunächst zehn Jahre in Berlin - einige davon sollen im Berliner Humboldt Forum zu sehen sein. Eine entsprechende Vereinbarung über die Rückführung der als koloniales Raubgut geltenden Objekte haben Stiftungspräsident Hermann Parzinger und Abba Isa Tijani, Generaldirektor der nigerianischen National Commission for Museums and Monuments (NCMM), am in dieser Woche unterzeichnet.
Erste Objekte sollen noch in diesem Jahr nach Nigeria zurückgebracht werden; nach Angaben Parzingers vermutlich zusammen mit Stücken aus anderen deutschen Museen. Der Stiftungspräsident sprach von der größten Rückgabe von Objekten mit kolonialem Hintergrund, damit sei "koloniales Unrecht anerkannt". Die Vereinbarung mit Nigeria habe Modellcharakter. Parzinger sieht darin "ein tragfähiges Fundament für langfristige und vielfältige Kooperationen in der Zukunft". Von nigerianischer Seite sprach Tijani von einer Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Museen, "in der den legitimen Forderungen anderer Nationen und traditioneller Institutionen Respekt und Würde entgegengebracht werden". Er forderte Museen außerhalb Deutschlands auf, dem Beispiel zu folgen.
Politisches Abkommen bereits im Juli beschlossen
Deutschland und Nigeria hatten im Juli mit einer "Gemeinsamen Erklärung zur Rückgabe der Benin-Bronzen" den Weg frei gemacht für die Rückführung der Kunstobjekte. Damals wurden zu symbolischen Zwecken bereits zwei Artefakte aus dem Bestand der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zurückgegeben. Die Einzelheiten der Rückgabe und zu möglichen Leihgaben müssen die Museen und ihre Träger mit dem NCMM vereinbaren. Insgesamt sind etwa 1130 der kunstvollen Stücke aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das als Edo State heute zu Nigeria gehört, in rund 20 deutschen Museen zu finden, rund die Hälfte davon in Berlin.
Die Objekte, die meist aus Bronze, aber auch aus Elfenbein und Holz gefertigt sind, stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897. In der Folge waren diese Objekte auch an deutsche Museen verkauft worden. Über die umfangreichsten Sammlungen verfügen nach dem Ethnologischen Museum in Berlin das Linden-Museum in Stuttgart, das Museum am Rothenbaum (Hamburg), das Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln) sowie das Völkerkundemuseum Dresden/Leipzig.
Claudia Roth spricht von "Vorbildcharakter" Berlins
Für Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat die Rückgabe "Vorbildcharakter für alle Museen in Deutschland, die Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten besitzen". In den nächsten Monaten sollten weitere Rückgabevereinbarungen kommen, kündigte Roth in einer Mitteilung an und hob hervor: "All diese Bemühungen bilden das Fundament für eine weitere und intensivere kulturelle Zusammenarbeit zwischen Nigeria und Deutschland."
Ausstellung einiger Leihgaben im Berliner Humboldt Forum
Das Ethnologische Museum der von Bund und Ländern getragenen Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird einige der als Leihgabe verbleibenden Benin-Bronzen auch im Berliner Humboldt Forum ausstellen. Dessen letzter Teil soll im September eröffnet werden. Ursprünglich war geplant, dort mehr als 200 der wertvollen Kunstwerke zu zeigen. Nun sollen es in den zwei vorgesehenen Räumen noch etwa 30 Objekte sein, um die Bandbreite der höfischen Kunst Benins aufzuzeigen. Außerdem soll es eine Videoinstallation geben über die Akteure, die am Rückgabeprozess maßgeblich beteiligt waren.
Dem gegenübergestellt werden soll zeitgenössische Kunst aus Nigeria, die auch heute noch traditionelle Techniken nutzt. Lars-Christian Koch, Direktor des Ethnologischen Museums, möchte alle Facetten zeigen. "Gemeinsam mit den nigerianischen Partnern haben wir die ursprünglich geplante Präsentation komplett überarbeitet."
vg/ka (mit dpa, epd)