"Saakaschwili wird Putin einen kleinen Stützpunkt im Austausch gegen Südossetien vorschlagen"
2. Juli 2004Moskau, 2.7.2004, WREMJA NOWOSTEJ, russ., Michail Wignanskij aus Tbilissi
Der Präsident Georgiens, Micheil Saakaschwili, trifft heute (2.7.) zu einem inoffiziellen Treffen der Präsidenten der GUS-Staaten in Moskau ein. Dessen Verhandlungen mit Wladimir Putin sollen die Strategie der russisch-georgischen Beziehungen festlegen und das zugespitzte Problem mit Südossetien lösen – die Georgier und die Osseten stehen wieder kurz vor einer militärischen Konfrontation.
Der eben in Istanbul zu Ende gegangene NATO-Gipfel hat die Positionen von Micheil Saakaschwili gefestigt: Die Allianz forderte erneut den Abzug der russischen Truppen aus Batumi und Achalkalaki. Vor diesem Hindergrund könnten die Vorschläge Georgiens, ein gemeinsames Antiterrorzentrum im Austausch gegen die Nachsicht Moskaus beim Vorgehen von Tbilissi in Südossetien in reale Abkommen umgewandelt werden. In der georgischen Hauptstadt ist man der Ansicht, dass die Gründung solch eines Zentrums beiden Seiten erlauben werde, das Labyrinth der Frage über die Stützpunkte zu verlassen. Moskau würde nicht mehr wegen der Missachtung der fünf Jahre alten OSZE-Beschlüsse über die Schließung der Militärbasen in Georgien kritisiert werden und würde gleichzeitig militärisch in der Region präsent bleiben. Die Revolution in Adscharien hat demonstriert, dass der russische Militärstützpunkt kein Instrument mehr ist, das die Situation beeinflussen könnte.
Der Verteidigungsminister Georgiens, Georgij Baramidse, geht davon aus, dass im Falle der Gründung eines Antiterrorzentrums auf georgischem Boden 500 russische Militärangehörige bleiben werden. "Der Inhalt ändert sich – wenn heute in Georgien über 3000 russische Militärangehörige stationiert sind, so werden es im Zentrum Maximum 500 sein. Diese Herangehensweise berücksichtigt die legitimen Interessen der Sicherheit Russlands und schmälert andererseits die Souveränität Georgiens nicht", sagte Herr Baramidse Journalisten.
Georgien rechnet damit, dass diese Initiative die entsprechende Atmosphäre für die Suche nach einem gemeinsamen Nenner in der Frage Südossetien schaffen wird. Die vor dem Besuch von Micheil Saakaschwili in Moskau stattgefundene Sitzung der gemeinsamen Kontrollkommission zu Südossetien endete mit einem Ultimatum der georgischen Seite – erst die Freilassung der Mitarbeiter des Sicherheitsministeriums Georgiens, die in der selbsternannten Republik festgehalten werden, dann Verhandlungen. (...)
Gleichzeitig berichten die georgischen Medien, dass die Georgier Südossetiens mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden, weil die Machthaber in Zchinwali die Straßen blockieren, die zu deren Siedlungen führen. Es wird ferner berichtet, dass ältere Schüler Südossetiens regelmäßig zu Übungsplätzen gebracht werden, wo ihnen der Umgang mit Waffen beigebracht wird.
"Georgien muss Südossetien den gleichen Status vorschlagen, den Nordossetien in Russland besitzt", sagte der Politologe Ramas Klimiaschwili "Wremja nowostej". "Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es eben darum beim Treffen der Präsidenten in Moskau gehen. Der Status ist die Schlüsselfrage. In diesem Fall kann die russische Führung nicht widersprechen." Zur Erinnerung: Südossetien, einst ein autonomes Gebiet im Bestand Georgiens, verkündete 1990 seine Unabhängigkeit. Tbilissi erkennt diese Unabhängigkeit nicht an und bezeichnet Südossetien als "Region Zchinwali". (...)
Die georgischen Politiker und Medien heben hervor, dass es unter Saakaschwili und Putin in den bilateralen Beziehungen mehr Realismus und Pragmatismus gebe. Die Tbilissische Zeitung "Alia" geht davon aus, dass dem heutigen Treffen ein Strom von russischen Investitionen in Georgien folgen wird und danach "zwischen Moskau und Tbilissi eine Ära beginnen könnte, die bedingt als ‚Waffen ade!‘ bezeichnet werden kann."
Nach den Erkundungen, die führende russische Unternehmer im Mai bei einem gemeinsamen Businessforum einholten, müsse die Etappe der realen Investitionen beginnen. Regeln wird diese Ströme der aus Moskau stammende Wirtschaftsminister Georgiens Kacha Bendukidse. Dieser Tage versprach Saakaschwili, für die Entwicklung des Business den Russen den Erwerb der georgischen Visa zu erleichtern, wofür in den Flughäfen von Tbilissi und Batumi spezielle Stellen eingerichtet werden sollen. (lr)