1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sany und Putzmeister: Eine perfekte Ehe?

Zhang Danhong
2. März 2018

Die Übernahme des deutschen Weltmarktführers Putzmeister durch den chinesischen Konzern Sany 2012 stieß auf geteilte Meinung: Für die einen ein Weckruf, für die anderen eine perfekte Ehe. Was ist nun daraus geworden?

https://p.dw.com/p/2ta3c
China deutscher Maschinenbau
Bild: Imago/Xinhua

Sany ist eine chinesische Erfolgsgeschichte. 1989 von einem Chinesen namens Liang Wengen gegründet, entwickelte sich Sany Heavy Industries von Changsha aus, der Heimatstadt von Mao, innerhalb von 20 Jahren zu einem global agierenden Hersteller von Baggern, Kränen und Betonpumpen. Beim Umsatz der Betonpumpen hat die Firma sogar den Weltmarktführer Putzmeister überholt, weil sie fast die Hälfte des chinesischen Marktes beherrschte, der wiederum die Hälfte des Weltmarktes ausmachte. Bloß: So einen schönen Namen wie Putzmeister hatte Sany nicht.

Das wollte Liang Wengen ändern. 2009 kaufte er in Bedburg ein 250.000-Quadratmeter-Grundstück, ließ die Europa-Zentrale von Sany hochziehen samt Produktionshalle und Forschungszentrum, um Putzmeister die Marktanteile in seinem Stammrevier streitig zu machen. Über 600 Arbeitsplätze sollten dort entstehen. Der Bürgermeister von Bedburg freute sich und taufte die Straße, die zum Sany-Areal führt, in Sany-Allee.

Zentrale der Sany Europe GmbH in Bedburg
Blühende Landschaft wurde versprochen - Sany Europe in BedburgBild: Sany Europe GmbH

Doch es kam anders. Nur ein halbes Jahr nach der Einweihung der Sany Europe GbmH übernahm Liang Wengen Anfang 2012 den Konkurrenten aus Aichtal bei Stuttgart für rund 360 Millionen Euro - die bis dahin größte chinesische Investition in Deutschland. Sany wollte die Marke Putzmeister und ihre Technik, während sich Putzmeister den Zugang zum chinesischen Markt erhoffte. Das "Handelsblatt" sprach von einer "perfekten Ehe" unter Maschinenbauern.

Keine Synergieeffekte

Sechs Jahre später zieht Deng Haijun, Managing Director der Sany Europe GmbH, eine ernüchternde Bilanz. "Wir haben auf einen Synergieeffekt gesetzt: 1 + 1 > 2. Nun stellen wir fest, dass das in keinem einzigen Markt wahr geworden ist", sagt Deng gegenüber der Deutschen Welle. Das liegt auch an der Eine-Marke-Strategie der Chinesen, was bedeutet, dass in einem Land oder in einer Region entweder Sany oder Putzmeister präsent ist, damit beide einander nicht in die Quere kommen. So haben sich beide die Welt aufgeteilt. Europa, Nordamerika, Indien, Singapur, Malaysia, Indonesien und Südafrika gehören Putzmeister allein, der Rest Sany.

Diese Strategie ist nicht aufgegangen. "Das Vertrauen der Kunden, die Treue zu einer Marke und auch die persönliche Beziehung zwischen dem Lieferanten und dem Kunden lassen sich nicht ohne weiteres auf eine andere Marke übertragen", sagt Deng Haijun.

Putzmeister muss den China-Traum begraben

Auch der Traum von Putzmeister, durch Sany den riesigen Markt in China zu erschließen, platzte an der Entweder-oder-Strategie. Putzmeister musste sich ganz aus China zurückziehen, da sein Marktanteil dort nicht mal ein Prozent betrug. Und da nun beide keine Konkurrenten mehr, sondern Eheleute sind, will Sany den Schwaben in Europa auch keine Marktanteile mehr abjagen.

Das große Sany-Gelände in Bedburg wirkt nun wie ein maßgeschneiderter Anzug für einen stattlichen Menschen von 120 Kilogramm, der aber innerhalb kurzer Zeit die Hälfte seines Gewichts verloren hat. Von den 400 Sany-Mitarbeitern Ende 2011 sind nur noch 52 übriggeblieben. Die Produktionshalle wird nur noch für die Endmontage von Hafengeräten genutzt. "Forschung und Produktion werden nach China verlagert. Hier kümmern wir uns um Marktstudien und den Aufbau eines Vertriebs- und Service-Netzes", erläutert Deng Haijun, der Anfang 2016 nach Bedburg gekommen ist.

Putzmeister Maschine Pumpe Japan Fukushima
Eine Maschinenpumpe beim Transport nach Japan: Putzmeister half nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011.Bild: picture-alliance/dpa

Sany hat in Deutschland nicht gekleckert, sondern geklotzt. Zuerst 100 Millionen Euro für die Europa-Zentrale, dann 360 Millionen für den Kauf von Putzmeister. Aus wirtschaftlicher Sicht hat sich die Investition nicht gelohnt. Von Putzmeister habe man keinen Cent bekommen, der Gewinn sei ganz in Aichtal geblieben, so Deng Haijun. Es ging ja schließlich um die Marke und die Technik. Die Marke Putzmeister ist nun mit Sany verbunden. Was ist mit der Technik? "Wir haben tatsächlich den Bauplan einer 37-Meter-Pumpe mit nach Changsha genommen und eine Maschine exakt danach gebaut", erzählt Deng. Das Ergebnis: Im Vergleich zur Sany-Pumpe sei Putzmeister aus technischer Sicht keineswegs besser. Sein Fazit: "Putzmeister profitiert von der Obermarke 'Made in Germany', die weltweit einen hervorragenden Ruf genießt."

Wettbewerbsstellung gefestigt

War das Ganze also ein Flopp? Naturgemäß beantwortet Deng Haijun diese Frage mit einem "Nein": "Unsere Stellung im weltweiten Wettbewerb ist durch die Fusion gefestigt. Zusammen sind wir die absolute Nummer eins in der Branche." Schließlich kenne die Welt nur die Nummer eins. Eine kleine Umfrage in der Redaktion zeigt tatsächlich, dass für alle Putzmeister ein Begriff ist und keiner jemals von der Schwing-Gruppe gehört hat. Der zweitgrößte Pumpenhersteller aus Deutschland ging übrigens nur zwei Monate später als Putzmeister ebenfalls in chinesische Hand.

 Während für Sany die Vorteile der Übernahme noch nicht überzeugen, hat Putzmeister bisher davon profitiert. Zwar hat sich der Umsatz nicht verdreifacht, wie beide Seiten Anfang 2012 im Hochzeitsfieber angekündigt hatten. Aber er ist stetig gewachsen. Eine Beschäftigungsgarantie gilt noch bis 2020. Die Chinesen haben ihr Wort gehalten und dem deutschen Management größtmögliche Freiheit gelassen. Wie die geplante Verzahnung von Putzmeister und der Sany Europe GmbH gelingt, wird die Zukunft zeigen.