Sarah Connor: Muttersprache
25. Mai 2015Sarah Connors Karriere startete fast aus dem Nichts. Über Nacht war die 19-Jährige plötzlich ein großer Star - und das mit einem Liedchen, das damals so ziemlich jede Popgöre hätte singen können. "Let's Get Back To Bed - Boy!" war in vier Ländern Top Ten, in Deutschland kam sie bis auf Platz 2. Es gab eine Echo-Nominierung für die beste Rock-Pop-Single und Gold in Deutschland und Österreich. Weitere Hits folgten, die Alben verkauften sich insgesamt sieben Millionen Mal. Damit war Sarah Connor eine der erfolgreichsten Sängerinnen aus Deutschland.
Von der Beziehung mit ihrem Kollegen Marc Terenzi wusste die ganze Welt - drei Monate lang nahmen Kameras an ihrem (Liebes-)Leben teil, die Fernsehhochzeit war ein kleines Medienereignis.
Sarah hat mit Marc zwei Kinder; die Ehe wurde 2010 geschieden. Mit ihrem Manager Florian Fischer bekam sie ein weiteres Kind. Eine so große Familie nimmt Zeit in Anspruch. Deshalb zog sich Sarah vor fünf Jahren aus dem Musikbusiness zurück, indem sie den Plattenvertrag hat auslaufen lassen. Bewusst, schreibt sie auf der Webseite ihrer Plattenfirma: "Ich habe mich um meine Familie und meine Kinder gekümmert, ich wollte sie aufwachsen sehen. Zum ersten Mal in zehn Jahren habe ich die Bremse gezogen und durchgeatmet - ein normales Leben mit normalem Alltag."
Auszeit fürs musikalische Ego
Die Auszeit hat sie genutzt, um Bilanz zu ziehen. Was kann sie noch, außer schön zu singen? Sie probierte vieles aus, schaute anderen Musikern über die Schulter, besuchte Kollegen im Studio - und lernte schnell: "Dass ich selbst Songs schreiben kann, selbst texten, selbst produzieren, sogar selbst bestimmen kann, wie, was, wann und wo ich veröffentliche - das hätte ich mir noch vor wenigen Jahren niemals zugetraut."
Seit zwei Jahren bastelt sie an ihrer zweiten Karriere. Im vergangenen Jahr nahm sie an der TV-Show "Sing meinen Song" teil und überraschte das Publikum mit einer ganz neuen Sarah Connor: Da stand kein Popsternchen mit Soulröhre mehr auf der Bühne, sondern eine gereifte Frau, die ihre Stimme auch in deutscher Sprache voll ausleben kann.
Gesang in "weichem" Deutsch
Fünf Jahre lang habe sie an ihrem neunten Studioalbum gearbeitet, erzählt sie. Sie singt alle Lieder auf Deutsch. Deshalb heißt es: "Muttersprache". Nicht, dass man jetzt glaubt, hier versuche sich eine Ex-Popgöre an Texten voller Altersweisheiten, die einer dreifachen Mutter gut zu Gesicht stünden. Nein. Und das ist auch gut so. Sarah Connor singt über Liebe, Eifersucht, Leben, Tod, Alltag, Freude und Leid, alles zeitlose Themen, die das junge wie auch das ältere Publikum berühren können. Jeder Song hat seine Eigenart. Sarah Connor legt eine Menge Gefühl hinein, versucht, der deutschen Sprache ihre Härte zu nehmen, indem sie die Silben schleifen lässt. Ihre Stimme steht immer im Vordergrund, wird nicht von überbordenden Arrangements erdrückt. Zum größten Teil sind die Songs nachdenklich und ruhig. In "Das Leben Ist Schön" singt sie darüber, wie sie sich ihre eigene Beerdigung vorstellt und wird nur von einer akustischen Gitarre begleitet. "Versprochen" ist eine fast kabarett-artige Soul-Blues Ballade. Flott und tanzbar wird es nur in "Kommst du mit ihr" und "Deutsches Liebeslied". Die Platte lädt zum Zuhören ein, viele der 13 Songs könnte man auch schön mit Gitarre am Lagerfeuer singen.
Die Produktion dieses Albums hat sich Sarah in keinem Moment aus der Hand nehmen lassen. Unterstützung hatte sie vom früheren Produzententeam von "Rosenstolz", einem deutschsprachigen Singer-Songwriter-Duo: "Plötzlich waren da Menschen mit einem extrem feinfühligen Händchen. Ganz behutsam, mit viel Spaß und sanfter Bestimmtheit, haben sie mich ermutigt, meinen Instinkten zu folgen, haben sich auf mich und meine eigenwillige Art zu texten und zu komponieren eingelassen."
Mit "Wie schön du bist" erschien Anfang Mai die erste Single aus dem Album und landete sofort in den Top Ten der deutschen Charts. Über das Album "Muttersprache", das am 22. Mai auf den Markt kam, dürften sich Freunde des deutschsprachigen Soul-Pop freuen. Wer Sarah Connors Stimme liebt, kommt jedenfalls voll auf seine Kosten.