Sarkozys Bekenntnisse
27. August 2007Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat den EU-Partnern ein Ende der Blockade der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei angeboten. Wenn die EU-Mitglieder zustimmten, einen "Ausschuss der Weisen" zur Zukunft Europas einzusetzen, werde sich Frankreich "der Eröffnung von neuen Verhandlungskapiteln zwischen der Union und der Türkei in den kommenden Monaten und Jahren nicht entgegenstellen", sagte Sarkozy am Montag (27.8.07) in Paris in einer ersten außenpolitischen Grundsatzrede seit seiner Wahl im Mai.
Plädoyer für deutschen Sitz im Sicherheitsrat
Die Verhandlungen mit Ankara müssten dann ergebnisoffen geführt werden, verlangte Sarkozy. Möglich bleiben müsse "entweder ein Beitritt oder eine möglichst enge Assoziation, ohne bis zu einem Beitritt zu gehen". Auf Druck Frankreichs hatte die EU im Juni nur zwei von drei geplanten Beitrittskapiteln mit der Türkei eröffnet, nachdem Sarkozy sich im Wahlkampf klar gegen einen Beitritt ausgesprochen hatte.
Er plädierte zudem für einen ständigen Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat. Das höchste UN-Gremium müsse erweitert werden, um eine gerechtere Vertretung der Interessen zu ermöglichen, sagte Sarkozy. Neben Deutschland sollten auch Japan, Indien und Brasilien ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sein. Zudem müsse Afrika auf angemessene Weise vertreten sein.
Gemeinsame Verteidigung
Sarkozy legte ein Bekenntnis zu einem "starken Europa" ab. Es könne "kein starkes Frankreich ohne Europa und kein starkes Europa ohne Frankreich" geben, sagte er. Der Aufbau Europas habe für ihn deshalb "absolute Priorität". Er lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich für ihren Beitrag zum neuen EU-Vertrag und zeigte sich zuversichtlich, dass der Vertrag im Frühjahr 2009 in Kraft treten kann.
Frankreich werde in den kommenden Monaten "sehr starke Initiativen" für die europäische Verteidigungspolitik und der damit verbundenen "Erneuerung" der NATO ergreifen, kündigte Sarkozy an. Die EU habe in den vergangenen Jahren bereits ein gutes Dutzend Einsätze organisiert. "Diese Interventionen zeigen, dass es keine Konkurrenz zwischen der NATO und der EU gibt, sondern, dass sich beide ergänzen", sagte Sarkozy. Er wolle Frankreichs Rolle in allen derzeit aktuellen internationalen Krisen weiter stärken.
Freundschaft und Feindschaft
Mit Blick auf die zurückliegenden Spannungen mit Washington wegen der Ablehnung des Irak-Krieges durch Paris betonte Sarkozy erneut die "Freundschaft" zu den USA. Er verlangte für den Irak aber einen "klaren Horizont" für einen Abzug der ausländischen Truppen. "Frankreich war und bleibt dem Krieg im Irak gegenüber feindlich gesonnen", sagte Sarkozy. Erst wenn die Truppen abgezogen seien, könne die internationale Gemeinschaft dem Land helfen. "Frankreich ist dazu bereit", sagte er.
Der französische Präsident ging nicht auf den Faux-pas seines Außenministers Bernard Kouchner ein, der in einem Interview gefordert hatte, den irakischen Ministerpräsidenten abzulösen und damit die irakische Regierung verärgert hatte. Er sprach Kouchner aber sein "volles Vertrauen" aus. Kouchner selbst entschuldigte sich in einem Interview. Er bedauere, sich in die innerirakischen Angelegenheiten eingemischt zu haben.
Kritik an Russland
Sarkozy sprach sich erneut für mehr Transparenz und Regulierung an den internationalen Finanzmärkten aus. Die jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten könnten sich wiederholen, wenn die großen Staaten nicht zusammenarbeiteten, warnte Sarkozy.
Zur Lage im Gaza-Streifen nach der Machtübernahme durch die radikalislamische Hamas-Bewegung sagte Sarkozy, Frankreich werde sich "nicht mit der Schaffung eines Hamastan abfinden". Im Kampf gegen den Terrorismus forderte Sarkozy eine "vollständige Zusammenarbeit" der betroffenen Länder. Er verlangte dabei eine "entschlossenere Politik" Pakistans. Im Falle Russlands kritisierte Sarkozy die "Brutalität", mit der das Land über seinen Öl- und Gasreichtum international Druck ausübe. (stu)