Sarkozy zurück auf der politischen Bühne
24. August 2016"Ich bin Kandidat." Mit diesem knappen Satz hat das Mutmaßen ein Ende. Sarkozy will es noch einmal wissen. Der ehemalige Staatspräsident läutet damit zugleich das Ende der Sommerpause ein. Eine Botschaft an die Franzosen schickt er auch gleich hinterher: Er bestimmt die politische Agenda. Sarkozy, der Macher.
Noch bevor die gesamte Nation wieder in den Alltagstrott nach der Sommerpause zurückfällt, noch bevor der amtierende Staatspräsident Hollande seine Schäfchen im Elysée durchzählen kann, kommt er: Nicolas Sarkozy. Und bestimmt als Kandidat der konservativen Republikaner die politische Bühne. Der Zeitpunkt ist Teil einer wohlüberlegten Dramaturgie der Sarkozyschen Entourage. An dessen Spitze der Politprofi und Parteifreund Brice Hortefeux. Er wacht über jeden Schritt der Kampagne.
"Sein Wahlkampf wird sich um starke Ideen drehen", sinniert er. Welche genau, hat Sarkozy in seinem Buch "Alles für Frankreich" aufgeschrieben, pünktlich veröffentlicht zur Kandidatur. Darin Sarkozys Agenda, die auch vom Front National stammen könnte: Abschaffung der Familienzusammenführung für Ausländer, Vorbeugehaft gegenTerrorverdächtige, erschwerter Zugang zur Staatsbürgerschaft. Wirtschaft kommt dagegen kaum vor.
Hollande ringt um besseren Ruf
Um Zahlen dreht es sich dafür beim amtierenden Präsidenten. Selbst der jüngst verzeichnete zaghafte Rückgang auf 9,6 Prozent Arbeitslosigkeit im Juli verleiht Hollande keine Flügel. Die umstrittene Arbeitsreform beschert der französischen Wirtschaft laut einer Studie von EulerHermes gerade mal einen Zuwachs von 0,05 Prozent. Ein Befreiungsschlag sieht anders aus.
Entsprechend spät der gesetzte Termin der sozialistischen Vorwahlen, Ende Januar. "Da hat einer ordentlich Muffensausen", bescheinigt der Pariser Politologe Bruno Cautrès den Sozialisten den fehlenden Mut. "Die warten bis zum Schluss auf bessere Wirtschaftszahlen, damit Hollande sagen kann: 'Schaut, ich habe es noch hingekriegt'“. Die Sozialisten haben weiche Knie. Schon klar.
Konservative prägen Wahlkampf mit Thema Sicherheit
"Er ist bereit", lässt dagegen der Sarkozy-Vertraute Hortefeux süffisant verlauten. In der aufkeimenden Kampagne der Republikaner wird überhaupt viel gefühlt und weniger auf Fakten gesetzt. Auch ein Sarkozy hat als Präsident mehr versprochen als gehalten, auch ein Sarkozy hat politische Projekte an die Wand gefahren. "Sich ändern, dies erwartet keiner von ihm. Wer ihn wählt, der wählt einen Sarkozy mit Haut und Haaren" unterstreicht Bruno Cautrès gegenüber der Deutschen Welle.
Sarkozys Umfeld gibt sich selbstbewusst. Der Zustand Frankreichs könnte nicht besser sein für den Wahlkampfstart: Ein Land, noch immer unter Schock der jüngsten Terroranschläge, kommt Sarkozy entgegen. Innere Sicherheit, Souveränität, ein starker Staat, es sind seit jeher seine Paradethemen. Er will, so Cautrès, Frankreich erklären, warum es ihn jetzt mehr denn je braucht. Die Umfragen sprechen für sich: Terrorismus und Arbeitslosigkeit. Laut Umfrageinstitut IFOP sind dies 2017 für die Franzosen die drängendsten Gründe, zur Wahl zu gehen. Das Forschungsinstitut ELABE taxiert auf 65 Prozent die Zahl der Franzosen, die finden, die Regierung tue nicht genug gegen den Terrorismus.
Vorwahlen wichtige Wahlkampfetappe
Nicht genug – das sagt auch Francois Hollandes derzeitig größter parteiinterner Widersacher im Wahlkampf. Arnaud Montebourg. Der dem linken Parteiflügel zugehörige Ex-Minister der sozialistischen Regierung hält seinem damaligen Chef eine untragbare Wirtschaftspolitik vor. "Man könne ihm viel vorwerfen, politisches Provozieren, Porzellan kaputtmachen, aber nicht, das er keine konkreten Vorschläge hat“, bescheinigen ihm sozialistische Weggefährten. Sein Programm liest sich, als ob es die Sehnsucht der Franzosen nach Sicherheit bedienen könnte, ohne rechts wählen zu müssen: Mehr Souveränität, Bürgerarmee mit einer mindestens sechsmonatigen Wehrpflicht, weniger Budgetregeln aus Brüssel. Ungemütlich könnte es für Hollande werden, wenn Montebourg sich als Direktkandidat präsentierte. Möglich wär's.
Sarkozy hat mehr Spielraum: Nathalie Kosciusko-Morizet, kurz NKM, suchte den Sommer über vergeblich genügend Unterstützer für eine Kandidatur. Die nötigen 500 Unterschriften der Parteibasis hat sie nicht auf dem Zettel. Bleiben noch altgediente Figuren wie Bruno le Maire oder der glücklose ehemalige Premier Francois Fillon. Glanz eines elder Statesman vermag nur das Evergreen der Konservativen zu verbreiten, Alain Juppé. Bürgermeister von Bordeaux, Eliteschule-Absolvent, ehemaliger Premier, er verkörpert die alte Schule par excellence. Juppé liegt mit rund 36 Prozent weiter vorne in den Umfragen. Ein Duell zwischen Sarkozy und Juppé gilt als wahrscheinlich. Am 20. Und 27. November entscheidet dann die Parteibasis, wen sie will. Haudegen oder alte Schule.
Das Manko von Rechts und Links: Keine frischen Kandidaten in Sicht
Prognose schwierig: Juppé ist kein Aufbruch, so Cautrès. "Es gibt in Frankreich keine versteckte Sehnsucht nach der Wiederkehr eines Neo-Gaullisten, der schlechte Laune verbreitet." Und dennoch ist er derzeit einer der wenigen, dem das Rennen um die Präsidentschaft ernsthaft zugetraut wird. "Er steht für Vertrauen wie kein anderer", so Beobachter. Das ist sein Trumpf. Nicht zuletzt daran wird sich ein animal politique wie Nicolas Sarkozy messen müssen, wenn es reichen soll. Von "Ich bin Kandidat" zu "Ich bin Präsident".