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Sarkozys Netzpolitik

25. Mai 2011

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat zum ersten Mal zum Internet-Forum "eG8" in Paris eingeladen. 1000 Teilnehmer sollen Empfehlungen an die G8-Staatschefs für eine internationale Netzpolitik erarbeiten.

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Symbolbild Internet (Foto: AP)
Wie frei soll das Internet sein?Bild: AP

Sarkozys Vorstoß stimmt Netzaktivisten und Internetexperten allerdings besorgt. Sie fürchten starke Regulierung und sogar Zensur im Netz als Folge. "Die Regierung tut so, als ob sie uns vor dem Internet schützen müsste. Stattdessen muss das Internet vor der Regierung geschützt werden", twittert Jeff Jarvis, Professor für Neue Medien an der Universität von New York aus Paris. Jarvis ist Gast des von Sarkozy einberufenen zweitägigen eG8-Forums in Paris. Auf dem G8-Gipfel im französischen Deauville am Donnerstag (26.05.2011) soll eine Delegation dann über die Ergebnisse aus dem eG8-Forum berichten.

Angst vor Kontrolle und Zensur

Mark Zuckerberg (rechts) mit Nicolas Sarkozy (Foto: AP)
Prominenter Gast: Mark ZuckerbergBild: AP

Unter den insgesamt 1000 Gästen sind Netz-Größen wie der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der langjährige Google-Chef und heutige Unternehmensgeschäftsführer Eric Schmidt und Wikipedia-Gründer Jimmy Wales. Schon vorab war die Kritik an der Tagung von Seiten der Branche und Netzaktivisten groß. Sie fragen sich: Steht hinter dem von Sarkozy geforderten "zivilisierten Internet" vor allem das Bestreben, das Internet stärker zu kontrollieren?

In Frankreich ist rigoroses Durchgreifen und straff organsierte Netzpolitik längst Realtität. Anders als in Deutschland werden dort zur Bekämpfung von Online-Kriminalität die viel kritisierten Netzsperren eingesetzt. Auch ahnden die Franzosen wiederholte Urheberrechtsverletzungen im Internet mit bis zu 300.000 Euro Bußgeld und drei Jahren Gefängnis. Schon vorher kann der französische Staat einem bereits verwarnten Wiederholungstäter den Internetanschluss für ein Jahr sperren. Um die Überwachung etwa von verdächtigen Filesharing-Plattformen kümmert sich eine eigens eingerichtete Behörde.

Forderung nach internationalen Minimalstandards

Nicolas Sarkozy (Foto: AP)
Will er das Netz kontrollieren? SarkozyBild: dapd

"Lassen Sie nicht die Revolution, die es ausgelöst hat, das Grundrecht des einzelnen auf sein Privatleben einschränken", sagte Sarkozy zur Eröffnung des Gipfels am Dienstag über das Internet. Der französische Präsident fordert internationale Minimalstandards, zumal Reglementierungen auf nationaler Ebene in einem globalen Medium wie dem Internet nutzlos seien. "Freies Internet, das ist zum Kriterium dafür geworden, ob es sich um eine Diktatur oder eine Demokratie handelt", sagte Sarkozy.

Skeptisch sind viele eG8-Teilnehmer aber hinsichtlich Sarkozys Interpretation von einem freien Internet. So twittert John Perry Barlow vom Pariser Forum, Sarkozy wolle dem Internet neue Grenzen setzen. "Und ich bin in Paris, um ihn zu stoppen." Barlow, ehemaliger Sänger der Rockband Grateful Dead, ist Gründer der Electronic Frontier Foundation und seit Jahren als Streiter für Bürgerrechte im Cyberspace aktiv. Unter dem Hashtag #eg8 ereifern sich viele weitere Twitter-User: "Sagt G8 und eG8, dass sie das Netz schützen sollen. Sagt nein zu Zensur und ja zu Netzneutralität und Privatsphäre." Verlinkt ist eine Online-Petition, in der Nicolas Sarkozy und "andere G8-Staatsführer" aufgefordert werden eine bürger-zentrierte Netzpolitik zu unterstützen.

Selbstverpflichtungen statt Gesetze

"Es braucht nicht immer gleich Gesetze", konterte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf Sarkozys Vorstoß. Stattdessen schlägt er in einem Gastbeitrag in der Financial Times Deutschland (FTD) vom Mittwoch Selbstverpflichtungen der Unternehmen vor. "Mit dem Datenschutzkodex der Internetbranche werden wir für den Bürger mehr erreichen als mit einem Einzelfallgesetz", schreibt er in der FTD. Und weiter: "Das Internet ist zuallererst ein Ort der Freiheit, der bürgerlichen und unternehmerischen Entfaltung."

Auch die Grünen melden sich über Twitter und ihre Internetseite zu Wort. "Wahrhaft zivil wären eine entschiedene Stärkung der digitalen Bürgerrechte und eine kontinuierliche Verbesserung der transnationalen Strukturen zur Selbstverwaltung des Internets." Stattdessen werde der e-G8 Gipfel maßgeblich von den eingeladenen Wirtschaftsvertretern mit finanziert, die für sie heikle Regulierungen ablehnten, aber für eine repressive Durchsetzung von Urheberrechten die Stimme laut erheben würden, heißt es weiter.

Ein Bekenntnis zu Meinungsfreiheit und Bürgerrechten vermisst auch der deutsche Netzpolitik-Blogger Linus Neumann in der Online-Zusammenfassung des ersten e-G8-Plenums: "Beim Lesen des folgenden Satzes horchte ich kurz auf: 'Die Aufgabe der Regierung ist es, die Bürger mit Internetzugängen auszustatten, und nicht unbedingt, den Inhalt zu regulieren. Wie bei jeder neuen Technologie, sollte die Regulierung gut überlegt und minimal erfolgen, um wirtschaftliches Wachstum nicht zu behindern.' Als wenn das die einzige Sorge wäre."

Autorin: Insa Moog (dpa, rtr)

Redaktion: Christine Harjes