Schöner einkaufen in Berlin-Mitte
Ein neuer Touristen-Magnet ist inmitten der Hauptstadt entstanden: Eine Einkaufsmeile mit dem Namen "Mall of Berlin". Nicht alle finden das toll. Denn der Ort, an dem der Konsumtempel nun eröffnet wurde, hat Geschichte.
Bei Wertheim gab es alles
1897 entstand das prächtige Warenhaus an der Leipziger Straße. Es war das größte Warenhaus Europas mit mehr als 100.000 Quadratmetern Fläche. Faszinierend für die Menschen damals war, dass sie alles anschauen und anfassen konnten, es gab Kabinen zum Anprobieren und die Möglichkeit, Sachen umzutauschen. Das Konzept war neu und aufregend - und ist es bis heute geblieben.
Die Enteignung
1933 - 1945: Im Zuge der sogenannten "Arisierung des jüdischen Grundeigentums" mussten die jüdischen Geschäftsleute ihren Besitz den Nationalsozialisten übergeben. Georg Wertheim übertrug seiner nichtjüdischen Gattin sein gesamtes Eigentum. Das Haus am Leipziger Platz wurde 1944 im Bombenhagel zerstört.
Durchtrennt
Nach dem Krieg war Berlin in vier Sektoren aufgeteilt worden. Die Übergänge in den sowjetischen Sektor waren besonders gut bewacht. Die Ostberliner Behörden hatten hier zwischen Potsdamer Platz und Leipziger Straße einen Bretterzaun errichten lassen, der den Zugang zu Fuß unmöglich machte. Der wurde zwar 1957 wieder entfernt, doch diese kleine Freiheit hielt nur wenige Jahre.
Ein unmenschlicher Ort
1961 wurde schließlich die Mauer durch Berlin gezogen. Und mit ihr eine der unmenschlichsten Grenzanlagen, die jemals gebaut wurden. Der sogenannte Todesstreifen zog sich vom Postdamer Platz über die Leipziger Straße und war hier am breitesten. Auf der Westseite konnten Touristen von einer Aussichtsplattform aus hinübergucken. Nach dem Mauerfall 1989 lag das gesamte Gebiet noch jahrelang brach.
Techno im Tresor
Im alten Tresorraum im Keller des Wertheim-Kaufhauses entstand 1991 der erste Technoclub Berlins. Die Gitter und aufgebrochenen Schließfächer in dem sonst kahlen Gemäuer waren eine ideale Kulisse für die laute schnelle elektronische Musik. DJs aus der ganzen Welt legten hier auf, viele begannen hier ihre Karriere. Am 16. April 2005 fand hier die letzte Party statt, der Tresor musste umziehen.
Ruhe vor dem Bau
Während der Potsdamer Platz nach und nach zugebaut wurde, lag das Areal an der Leipziger Straße noch brach. Die ursprünglich achteckige Form des Leipziger Platzes wurde beibehalten und nach und nach bebaut, bis nur noch zwei freie Ecken da waren. Darunter das Grundstück des alten Wertheim-Kaufhauses. Auf diesem Foto blickt man auf die Kanadische Botschaft.
Bauarbeiten mit Pannen
Spatenstich zu "Berlins größter Shopping-Mall" war im Januar 2011. Auf der Baustelle war ein Roter Teppich ausgerollt, bei Rührei uns Schnittchen gab Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit den Startschuss, um "Berlins letzte Wunde" (Berliner Kurier) zu heilen. Wie immer bei Großbaustellen gab es Ärger - mit Nachbarn, mit der U-Bahn, mit Wasser. Doch schließlich...
Mehr als nur ein Shopping-Center
Seit Donnerstag (25.09.2014) kann jeder das neue Einkaufs-El Dorado betreten. Um 10 Uhr morgens wurde das rote Band feierlich durchschnitten und die Leute strömten ins Gebäude. Nach dem Wunsch des Bauherren soll die "Mall of Berlin" mehr sein als nur ein Einkaufszentrum: "Shopping-Zentren sind nach innen orientiert. Unser Projekt aber korrespondiert mit außen."
Ein teurer Trampelpfad
Laut Investor Harald Huth soll die Mall ein Weg sein, auf dem man kulturelle Erlebnisse wie einen Besuch am Holocaust-Mahnmal mit etwas Funktionellem wie Einkaufen verbinden könne. "Diese Trampelpfade, die es sonst in jeder Stadt gibt, haben wir in Berlin nicht, weil wir so zerrissen worden sind." Es wird sich zeigen, wieviel Kultur H&M, Zara & Co nach Berlin-Mitte bringen können.