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Scharping stürzt

18. Juli 2002

Der Wahlkampf hat ein neues Opfer gefordert. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping muss endgültig seinen Hut nehmen. Zweifelhafte Honorarzahlungen aus dem Jahr 1998 sind der letzte Stolperstein des Ministers.

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Abschied im Zeichen des Adlers: Rudolf ScharpingBild: AP

Scharping weist die Vorwürfe allerdings zurück. 1998 habe er rund 40.000 Euro an Lizenzgeld für seine Lebenserinnerungen erhalten, sagte er einer Zeitung am Donnerstag (16. Juni 2002). Ein Jahr später habe er eine Zahlung von 30.000 Euro bekommen, die für Vorträge vor seinem Amtsantritt gezahlt worden sein sollen. Das Geld sei "ordentlich dem Finanzamt erklärt und versteuert worden", so der Minister.

Rechtlich ist er dabei offenbar auf der sicheren Seite, wie auch der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim heute in einem Rundfunkinterview bestätigte. Doch Scharping hat sich offenbar zu viele Skandale und Fehltritte geleistet, als dass er weiter im Amt hätte bleiben können.

Pleiten und Pannen

"Noch ein Fehler, und er ist weg", hieß es vor knapp einem Jahr auch in den eigenen Reihen, als Rudolf Scharping wegen seines Badeurlaubs mit seiner Lebensgefährtin kurz vor einem Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr in die Schlagzeilen geriet. Peinliche Fotos vom planschenden Minister sorgten nicht nur bei den Soldaten im Kampfgebiet für Unmut.

Vor dem Hintergrund dieser so genannten "Mallorca-Affäre" wird Scharpings politische Biographie der vergangenen Jahre nun als Serie von Niederlagen gesehen.

Eine klassische Karriere

Scharping hatte sich als klassischer Parteisoldat vom Assistenten eines Bundestagsabgeordneten über den rheinland-pfälzischen Landtag und SPD-Landesverband hochgearbeitet, bis er 1991 schließlich Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz wurde. 1993 wurde er als Nachfolger Björn Engholms jüngster SPD-Chef und wenig später Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 1994, die die SPD verlor.

Danach geriet er immer stärker in die innerparteiliche Kritik, die in seinem Sturz als Parteichef durch Oskar Lafontaine beim Mannheimer Parteitag 1995 gipfelte. Drei Jahre später berief Kanzlerkandidat Schröder ihn in sein Kernteam, in dem er für den Bereich Außen- und Sicherheitspolitik zuständig war.

Das Amt des Verteidigungsministers stellte ihn mit dem Kosovo-Krieg 1999 vor eine erste große Herausforderung. Im Frühjahr 2000 legte er sein Konzept für die Bundeswehr-Reform vor, das unter anderem eine Verkleinerung der Truppe vorsah. Gleichzeitig widersprach er Experten nur halbherzig, die von einem Milliardendefizit bei der Bundeswehr und dem drohenden Scheitern der Reform sprachen.

Letzte Chancen verspielt

Einen Höhepunkt erreichten die Diskussionen um den Minister, als sich Scharping wegen privater Flüge zu seiner Freundin vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags verantworten musste. Das war am Vormittag des 11. September. Die Anschläge in den USA am Nachmittag brachten Scharping aus der Schusslinie. Dennoch machte er mit Aussagen, die als Ankündigung eines Angriffs auf Somalia im Anti-Terror-Kampf gewertet wurden, und monatelangem koalitionsinternem Streit über das neue Transportflugzeug Airbus A400 M neue negative Schlagzeilen. Nicht vergessen sind auch seine Äußerungen über geheime amerikanische Operationspläne im Irak auf einer Pressekonferenz bei der NATO in Brüssel.

Den jetzigen Rücktritt lösten Überweisungen der PR-Agentur Hunzinger aus. Scharping bestätigte zwar, von der Agentur 140.000 Mark erhalten zu haben, sprach aber von Honoraren, die ordentlich dem Finanzamt erklärt und versteuert worden seien. Es habe sich um ein 1998 gezahltes Lizenzgeld von 80.000 Mark im Vorgriff auf das Honorar für seine Lebenserinnerungen sowie um eine Zahlung von 60.000 Mark im Jahr 1999 gehandelt. Er habe das Geld angenommen, da er die Ansprüche darauf vor seiner Zeit als Minister erworben habe. (dk)