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Schicht im Schacht an der Saar

30. Juni 2012

Der Preis für Steinkohle auf dem Weltmarkt ist niedrig und der Abbau in Deutschland zu teuer. Aber es gibt noch mehr Gründe, warum nach mehr als 250 Jahren im Saarland die letzte Schicht gefahren wurde.

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Zwei Kumpel der RAG in Saarbrücken (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Im Bergwerk Saar haben die Kumpel die letzte Steinkohle gefördert. Zum letzten Mal rollte der Kohlezug an diesem Freitag um 11.42 Uhr aus dem Schacht Duhamel in Ensdorf. Bergwerksleiter Friedrich Breinig sprach vom "Ende einer Ära". Es gebe kaum eine Familie an der Saar, bei der niemand im Bergbau tätig gewesen sei, sagte er. Die Betreibergesellschaft hat zu einem Festakt geladen unter dem Motto "Glück auf zur letzten Schicht". Tatsächlich empfinden die meisten Bewohner das Ende der über 250-jährigen Bergbau-Geschichte in ihrer Region mit gemischten Gefühlen oder eher als Trauerfeier. Entsprechend läuten in vielen Kirchen am Abend die Glocken und es finden Andachten statt.

Bergleute (Archiv-Foto: AP)
Betroffene Gesichter: Bergleute vor der Mine im saarländischen EnsdorfBild: AP

Wohlstand und Saar-Gefühl

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) würdigte den Bergbau als "den Impuls für die Industrialisierung der Saar" und als "Motor für den wirtschaftlichen Aufschwung" des Bundeslandes. Er habe der Region "Stabilität und Identität" gegeben: "Mit seinen Werten von Kameradschaft und Solidarität war er ein Vorbild für den Zusammenhalt der Menschen im Saarland". Landeswirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) erinnert daran, dass der Bergbau die Geschichte des Saarlands entscheidend geprägt habe: "Ohne den Steinkohle-Bergbau würde das Saarland als politische Einheit überhaupt nicht existieren", erklärt Maas. Erst durch diesen sei aus der politisch, kulturell und sprachlich unterschiedlichen "Saargegend" das "Saarbrücker Kohlerevier" und nach dem Ersten Weltkrieg das "Saargebiet" geworden.

Walzenschrämlader im Einsatz (Foto: RAG)
Kohleabbau mit schwerem Gerät: Walzenschrämlader im EinsatzBild: RAG

Tausend Erdbeben brachten Wende

Viele Jahrzehnte lang waren Pläne zur Reduzierung des Bergbaus auf massiven Widerstand gestoßen. Deutlich mehr Verständnis in der Bevölkerung für ein Ende der Kohleförderung hatten dann Erdbeben gebracht: Von 2001 bis 2008 gab es ungefähr tausend Erdstöße im Zusammenhang mit dem Bergbau.

Das letzte große Beben mit der Stärke 4,0 im Februar 2008 beschädigte viele Häuser, ließ die Stimmung kippen und die Bevölkerung mit ihrem einstigen Ernährer brechen. Die Gefährdung der Menschen durch Erdstöße erschien in den Abbaugebieten größer als andernorts. Im Juni desselben Jahres verkündete die damalige CDU-Regierung ein Aus für die Steinkohleförderung an der Saar.

Noch Umzug nach Nordrhein-Westfalen

Bis Mitte 2013 fahren aber auch weiterhin Bergleute in den Schacht - um ihn mit Beton zu verfüllen. Danach geht ein Teil von ihnen ins nordrhein-westfälische Ibbenbüren und arbeitet dort noch für mehrere Jahre weiter im Bergbau, andere bleiben als Vorruheständler im heimischen Saarland. Knapp 5000 Arbeitnehmer sind vom Ende des Steinkohlebergbaus an der Saar betroffen. Die ersten Bergmänner siedelten schon 2010 nach Nordrhein-Westfalen über: Bislang gingen rund 450, bis Mitte des kommenden Jahres werden es 1350 sein. In Nordrhein-Westfalen wird noch bis 2018 Kohle abgebaut.

hp/SC (dpa, afp, kna, epd)