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Schiffe im Visier von Seeräubern und Terroristen

Steffen Leidel1. Februar 2004

Am Samstag warnte die US-Regierung vor Angriffen auf interkontinentale Flüge. Experten sagen, Öltanker und Passgierschiffe seien ebenfalls gefährdet. Angriffe moderner Piraten werden bereits häufiger und brutaler.

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Sichergestelltes Piratenschiff in ManilaBild: AP

Mit klassischen Freibeutern wie Sir Francis Drake, der einst im Auftrag der englischen Königin Elisabeth I. vor den Küsten Südamerikas wütete, haben moderne Piraten nichts zu tun. Hinter ihnen stecken oft organisierte Verbrechersyndikate. Blitzschnell, wie aus dem Nichts tauchen die Seeräuber mit Schnellbooten auf und nähern sich den Beuteschiffen im toten Winkel. Immer häufiger sind sie dabei mit Maschinenpistolen bewaffnet. Über Hundert solcher brutaler, bewaffneter Überfälle gab es 2003, im Jahr davor waren es nur 68, schreibt das Anti-Piraten-Zentrum des Internationalen Seeschifffahrtbüros (IMB) in Kuala Lumpur. Insgesamt zählte das Büro 445 Piraten-Attacken im Jahr 2003. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr 2002. "Zu diesen Zwischenfällen werden aber auch leichte Vergehen wie Diebstahl auf Deck gezählt", sagt Detlev Meenke vom Deutschen Reederverband.

Angriffe auf fahrende Schiffe

Auch wenn schwere Überfall eher die Ausnahme sind, sie beunruhigen trotzdem: Insgesamt kamen 21 Seeleute bei Piraten-Attacken um, 88 wurden verletzt, 71 Besatzungsmitglieder verschwanden spurlos. Die großen Containerschiffe oder Tanker, die sich in internationalen Gewässern bewegen, werden aber selten überfallen. Kein Wunder: Mit Tau und Anker sind die haushohen Stahlkollosse kaum zu kapern. "Betroffen sind vor allem kleinere Frachter im regionalen Schiffsverkehr", sagt Meenke. Am gefährlichsten sind dabei die Gewässer um Indonesien. Mehr als 1400 Inseln teilen hier das Meer in ein gigantisches Labyrinth aus Wasserstraßen, ein ideales Rückzuggebiet für Piraten.

Auch die Straße von Malakka ist bevorzugtes Jagdgebiet für Piraten. 50.000 Schiffe zwängen sich pro Jahr durch die Meerenge zwischen Sumatra und der Westküste Malaysias, die an ihrer engsten Stelle gerade einmal drei Kilometer breit ist. Hier verdoppelte sich 2003 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Attacken auf 29. Gefährlich sind auch die Gewässer vor Afrika, besonders vor Nigeria und Somalia.

Geiselnahmen gestiegen

"Ein Angriff dauert meist nur 20 Minuten", sagt Meenke. Piraten nehmen dabei alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. "Oft haben sie es auf den Schiffs-Safe abgesehen, in dem Bargeld gelagert wird". Doch auch ganze Ladungen wie beispielsweise Elektrogeräte werden mitgenommen. Immer häufiger werden Besatzungmitglieder als Geiseln genommen, für die dann Lösegeld gefordert wird. Welchen wirtschaflichen Schaden die Piraten-Überfälle verursachen lässt sich nach Ansicht Meenkes nicht genau beziffern. Andere Experten sprechen von Schäden zwischen zwischen vier und 15 Milliarden Euro.

Mehr Sorgen als die Seeräuber bereiten den Reedereien mögliche Angriffe von Terroristen. Nach dem 11. September seien die Sicherheitsvorkehrungen im Internationalen Schiffsverkehr auf massiven Druck der USA verschärft worden. "Die USA fürchten, dass Schiffe, die mit Gas oder giftigen Chemikalien beladen sind, von Terroristen als Waffe missbraucht werden könnten", sagt Meenke. Ein Gasschiff, das im Hafen von Manhattan explodiert, ist nur eines von unzähligen Schreckensszenarien.

Sicherheitsvorkehrungen beträchtlich verschärft

Im Dezember 2002 einigte sich die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO auf weltweit verbindliche Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Häfen und Schiffen, die am 1. Juli 2004 in Kraft treten. Von da an muss auf jedem Schiff ein "Beauftragter zur Gefahrenabwehr" benannt werden. Auch in jedem Hafen und in jeder Reederei müssen Sicherheitsexperten sitzen. "Werden die Sicherheitsvorschriften nicht erfüllt, kann kein einziger US-Hafen mehr angelaufen werden", sagt Ralph Becker-Hains von der MSG Marin Serve, einem Hamburger Unternehmen, das Schulungen für Sicherheits-Beauftragte anbietet. Bald sollen die Schiffe, ähnlich wie Banken, mit einem "roten Alarm-Knopf" ausgestattet werden, der bei einem Überfall einen Notruf aussenden soll. Ziel ist es, bei Häfen und Passagier-Schiffen den Sicherheitsstandard von Flughäfen zu erreichen.

Nicht jeder hält die von den USA international durchgesetzten Sicherheitsvorkehrungen für sinnvoll. "Hinter diesen plakativen Massnahmen stecken vor allem politische Gründe", sagt Meenke. Absolute Sicherheit gebe es in der Schifffahrt nie. "Professionelle Terroristen finden immer einen Weg für ihre Anschläge", sagt Meenke. Das zeigt der Zwischenfall mit dem französischen Tanker "Limburg" im Oktober 2002 vor der Küste Jemens. Damals war ein Schnellboot voller Sprengstoff in den Tanker gerast.