Schiffswrack auf dem Jangtse umgedreht
5. Juni 2015Die Anzeichen auf Überlebende im Inneren des gekenterten Ausflugsschiffs "Dongfangzhixing" ("Stern des Ostens") waren drei Tage nach dem Unglück gegen Null gesunken. Bergungstrupps hatten daraufhin am Donnerstagabend entschieden, das Schiff mit Hilfe zweiter Kräne aufzurichten. Zuvor hatten Arbeiter große Haken an dem aus dem Wasser ragenden Schiffsrumpf befestigt.
Das Vorgehen gründe auf der "allgemeinen Einschätzung, dass Überlebende nicht möglich sind", sagte der Sprecher des chinesischen Verkehrsministeriums, Xu Chengguang. Die Aussage bedeutet eine Kehrtwende. Es ist das erste Mal, dass die Behörden einräumen, dass es praktisch keine Hoffnung mehr auf Überlebende gibt. Kurz zuvor hatte die Regierung in Peking noch zugesichert, die Suche nach den vermissten Insassen fortzusetzen. Sollten sich die Befürchtungen bestätigen, wäre es laut Staatsmedien das schwerste Schiffsunglück seit fast 70 Jahren.
"Der nächste Schritt ist, das Schiff zu heben und das Wasser ablaufen zu lassen", erklärte Ma Xin, der Sprecher der Bergungskräfte. Danach sollen die Leichen aus dem Wrack geborgen und identifiziert werden. Da die Bergungsarbeiten an dem zuvor kieloben in 15 Meter tiefen Wasser liegenden Schiffes nur langsam vorankamen, konnten bis Freitag erst 97 Leichen geborgen werden.
Hinterbliebene fordern Antworten
Nur 14 der 456 Menschen an überlebten Schiffskatastrophe. Das Touristenschiff war am Montagabend bei Jianli in der Provinz Hubei im Sturm gekentert.
Nach Angaben des Staatsfernsehens trafen am Unglücksort bereits mehr als 1200 Angehörige der Unglücksopfer ein. Sie fordern von den Behörden Antworten. Unter anderem darüber, warum das Boot seine Fahrt trotz des schlechten Wetters nicht gestoppt hatte.
Ermittlungen laufen
Der Staatsrat hat inzwischen Ermittlungen zur Ursache des Unglücks eingeleitet. "Viele Fragen bleiben unbeantwortet", stellte das chinesische Staatsfernsehen fest. Dazu gehört insbesondere das Verhalten des Kapitäns und des Chefingenieurs, die beide überlebt haben und in Polizeigewahrsam gehalten werden. Ihren Angaben zufolge soll ein Tornado das vierstöckige Schiff plötzlich in Schieflage und "in nur ein bis zwei Minuten" zum Kentern gebracht haben. Unklar war allerdings, warum der erfahrene Kapitän trotz des schlechten Wetters weitergefahren ist, während andere Schiffe gestoppt hatten.
Einer ersten Untersuchung zufolge war das 76 Meter lange Ausflugsschiff nicht überladen und hatte genügend Rettungswesten für die meist älteren Touristen an Bord, die eine elftägige Jangtse-Tour machten. Unterlagen der Seefahrtsbehörde von Nanking zeigten allerdings, dass vor zwei Jahren Sicherheitsmängel an dem Schiff festgestellt wurde.
sp/rb (dpa, afp)