Schlimm, aber nicht entscheidend
2. September 2002Zweifellos hat der 11. September tiefe Spuren in der Weltwirtschaft hinterlassen. Betroffen waren alle Branchen, die als besonders konjunkturabhängig gelten: Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, Versicherer und Rückversicherer, also die Versicherungen der Versicherer. Dennoch: Die Terroranschläge des 11. September waren nur ein Mosaikstein in einem viel größeren Abstiegs-Szenario der Weltwirtschaft, ein zusätzlicher Nackenschlag für die ohnehin lahmende Weltkonjunktur.
Trend zeigte schon abwärts
Schon zur Jahreswende 2000/2001 stand es um die Weltwirtschaft nicht gut, betont Gerhard Fels, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): "Wir waren auch schon vor dem 11. September in einer rezessiven Entwicklung. Die ist dann beschleunigt worden." Doch wie viel Anteil der 11. September tatsächlich am Rückgang der Weltkonjunktur gehabt hat, lässt sich schwer ausmachen. Die Terroranschläge hätten die Aussichten für die Wirtschaftsentwicklung im Euro-Zone weiter verschlechtert, meinten im Herbst 2001 die meisten europäischen Forschungsinstitute. Die Folge: Die Wachstumsraten für den Euro-Zone mussten nach unten korrigiert werden.
Mehr Arbeitslose und mehr Beschäftigte?
Dem deutschen Bundesfinanzminister Eichel war schon im Herbst 2001 in den Haushaltsberatungen klar, dass eines der Hauptziele der Regierungspolitik verfehlt werden würde: die Verringerung der Arbeitslosenzahl auf 3,5 Millionen bis zur Bundestagswahl im September 2002. Aber Eichel nahm für die Bundesregierung in Anspruch, dass seit dem Antritt der rot-grünen Regierung immerhin die Zahl der Erwerbstätigen um 1,2 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gestiegen sei.
Ist die Schwächephase der Weltwirtschaft mit den Terroranschlägen vom 11. September zu erklären? Die Berechnungen von Experten der Dresdner Bank ergaben, dass die Anschläge weit weniger Einfluss auf das weltweite Wirtschaftswachstum hatten, als allgemein angenommen. Schon vor dem 11. September war die deutsche Wirtschaft weit schwächer gewachsen als noch zu Anfang des Jahres 2001 erwartet worden war. Die Ursache: Das Tempo der Weltkonjunktur ist seit längerem deutlich niedriger als erwartet. Allein das hat das deutsche Wirtschaftswachstum um 0,75 Prozentpunkte nach unten gedrückt.
Risiken über Risiken
Nach einem kurzen Zwischenhoch im Frühjahr 2002 droht nun in den USA ein erneutes Abgleiten der Konjunktur in eine rezessive Phase. Im Klartext: Nach der konjunkturellen Talsohle folgt kein Anstieg, sondern das nächste Konjunkturtief. der "double dip".
Belastend wirken sich auch die enormen Vertrauensverluste an den internationalen Aktien- und Finanzmärkten aus - genährt durch immer neue Meldungen über Bilanzfälschungen und Pleitenskandale. Das wirkt sich wiederum auf das Konsumverhalten der Verbraucher aus und belastet auch Banken, Versicherer und andere Finanzdienstleister. Sicher, die wirtschaftlichen Auswirkungen des 11. Septembers waren bedeutsam. Aber entscheidend für die andauernde Schwäche der Weltwirtschaft waren sie nicht.