Scholz und Macron zelebrieren Einigkeit
25. Januar 2022Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Berliner Kanzleramt sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einer sehr schwierigen Lage entlang der ukrainisch-russischen Grenze. Er warnte Russland erneut vor den Folgen eines Angriffs auf das Nachbarland.
"Es sind viele Truppen dort stationiert und deshalb ist es notwendig, dass jetzt alles dazu beigetragen wird, dass die Situation sich anders entwickelt, als das gegenwärtig manchmal zu befürchten ist", sagte Scholz. "Wir erwarten auch von Russland deshalb eindeutige Schritte, die zu einer Deeskalation der Situation beitragen, und wir sind uns alle einig, dass eine militärische Aggression schwerwiegende Konsequenzen nach sich zöge."
Macron will Freitag mit Putin sprechen
Auch Macron sagte, man bereite eine gemeinsame Reaktion für den Fall eines Angriffs vor und warnte: "Der Preis wäre sehr hoch." Deutschland und Frankreich seien in dem Konflikt geeint und riefen beide zu einer Deeskalation der Situation auf. Macron wies zudem erneut darauf hin, dass der Dialog mit Russland nicht abgebrochen werden dürfe.
Macron kündigte an, er werde mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in einem Telefonat über den Ukraine-Konflikt sprechen: "Ich werde mich am Freitagmorgen mit Präsident Putin austauschen." Mit Blick auf ein künftiges persönliches Treffen mit dem Kreml-Chef sprach sich Macron für ein gemeinsames Format zusammen mit Scholz aus.
Nächster Normandie-Gipfel in Deutschland
Frankreichs Präsident betonte vor dem Hintergrund des russischen Truppenaufmarsches die Bedeutung des sogenannten Normandie-Formats. Deutschland und Frankreich beraten in diesem Rahmen gemeinsam mit der Ukraine und Russland. Die Beratungen starten an diesem Mittwoch in Paris. Der nächste Normandie-Gipfel soll laut Macron in Deutschland abgehalten werden.
Das Normandie-Format war 2014 zur Befriedung des Konflikts in der Ostukraine aus der Taufe gehoben worden und führte zum Minsker Abkommen von 2015. Zuletzt spitzte sich die Lage in dem Konflikt jedoch erneut erheblich zu. Das letzte Gipfeltreffen von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine hatte 2019 im Pariser Elysée-Palast stattgefunden.
Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die NATO-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen des Kremls nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.
Deutsch-französischer Schulterschluss
Scholz und Macron betonten trotz inhaltlicher Differenzen beider Länder in einigen Themen ihren Willen zu einer engen Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen. Zwar sei der Amtsantritt von Scholz in eine schwierige Zeit mit der Corona-Krise und geopolitischen Herausforderungen wie der Russland-Ukraine-Spannung gefallen, sagte Macron. "Aber das macht eine große und enge Abstimmung notwendig."
Beide seien sich der Tatsache bewusst, dass man gemeinsame Lösungen entwickeln müsse. "Deutschland ist nicht Frankreich und Frankreich ist nicht Deutschland - aber wir nähern uns unglaublich an", sagte Macron. Er räumte ein, dass es etwa in der Frage der Nutzung der Atomenergie und deren Einstufung als nachhaltige Energie in der EU oder den Rüstungsexporten unterschiedliche Positionen beider Regierungen gebe.
Es sei eine gemeinsame "Führungsaufgabe", die Freundschaft trotz einiger inhaltlicher Differenzen weiter zu entwickeln, sagte Scholz. Beide betonten, dass sie sich seit langem kennen. "Insofern sind das gute Vorzeichen für die Zusammenarbeit, die wir uns für Zukunft vorgenommen haben. Und es wird gelingen", sagte der Kanzler.
Scholz hatte am 10. Dezember seinen Antrittsbesuch in Paris gemacht. Das Treffen im Kanzleramt ist das zweite bilaterale Treffen. Unter anderem soll es bei dem Gespräch nach der gemeinsamen Pressekonferenz um die Abstimmung der derzeitigen französischen EU-Ratspräsidentschaft und der deutschen G7-Präsidentschaft gehen.
nob/qu (afp, rtr, dpa)