Rios Christus-Statue in Schwarz-Rot-Gold
4. Oktober 2012Der klare Nachthimmel über Rio de Janeiro trug seinen Teil dazu bei, dass die berühmte Christus-Statue hoch oben auf dem Berg Corcovado auch vom entlegenen Stadtviertel Santa Teresa aus gut zu sehen war. Zum Tag der Deutschen Einheit erstrahlte die 30 Meter hohe Figur in Schwarz-Rot-Gold. Bei der letzten aufwendigen Renovierung des Wahrzeichens vor einigen Jahren waren leistungsstarke LED-Strahler installiert worden, die nun zur Beleuchtung verschiedenster Art genutzt werden.
In Santa Teresa hatten sich am Abend des Nationalfeiertags viele Deutsche versammelt. Generalkonsul Harald Klein hatte eingeladen, um mit seinen Gästen die Darbietung - per Beamer auf eine Leinwand projiziert - zu bestaunen. Die Umsetzung dieses ungewöhnlichen Lichtspektakels hatte das deutsche Konsulat in Rio de Janeiro bereits in den letzten Wochen mit der Erzdiözese in Rio vereinbart. "Wir freuen uns sehr darüber, dass wir sowohl von der Stadtverwaltung als auch von der Katholischen Kirche das im wahrsten Sinne des Wortes schwarz-rot-goldene Licht bekommen haben, um dieses Ereignis durchführen zu können. Das ist auch ein Zeichen für die gut funktionierende Partnerschaft zwischen Deutschland und Brasilien", sagte Harald Klein, der seit August 2012 das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Rio de Janeiro leitet.
Werbung für das Deutschlandjahr in Brasilien
Mit der ungewöhnlichen Aktion wolle man das Deutschlandjahr in Brasilien bewerben, das von Mai 2013 bis Mai 2014 stattfinden wird. Unter dem Motto „Wo Ideen sich verbinden” wollen die Projektträger, zu denen das Auswärtige Amt, der Bundesverband der Deutschen Industrie und das Goethe Institut gehören, die deutsch-brasilianischen Beziehungen vertiefen, die Zusammenarbeit intensivieren und Anstöße für neue Kooperationen geben. " Sinn und Zweck der Aktion war es, schon im Vorfeld des deutsch-brasilianischen Jahres Interesse zu wecken - für Deutschland und die Ideen und Werte, die unsere beiden Länder teilen", so Klein.
Die Erlöserstatue Cristo Redentor wacht auf dem 710 Meter hohen Corcovado über Rio. An Spitzentagen fahren bis zu 4000 Touristen mit der Zahnradbahn die 3824 Meter lange Strecke hoch zur Statue, die zu den sieben modernen Weltwundern zählt und seit Dezember 2009 auch historisches Kulturerbe Brasiliens ist. Die über 80 Jahre alte Statue wird von 300 Leuchtdioden-Projektoren mit Speziallinsen beleuchtet. Die LED-Technologie lieferte die Siemens-Tochter Osram, die auch die Kosten der gestrigen Aktion übernahm. Zwar erstrahlte die Christus-Statue bereits zu anderen Anlässen in einem anderen als dem üblichen weißen Licht, aber bisher waren die Illuminationen immer einfarbig. "Zum ersten Mal in seiner Geschichte erstrahlt Cristo Redentor in den Nationalfarben eines anderen Landes", sagt Harald Klein sichtlich stolz. Vor der deutschen Fahne wurde bisher nur die brasilianische auf das Monument projiziert - und zwar anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Der Wunsch Deutschlands, die Statue gleich in drei Farben erstrahlen zu lassen, hatte die Lichttechniker ins Schwitzen gebracht und zwar nicht wegen der sommerlichen Temperaturen von 30 Grad, sondern vor allem wegen der Darstellung der Farbe Schwarz bei Nacht. Schließlich haben sich die Techniker für ein weißes Gegenlicht entschieden, das wie ein Passepartout den oberen Teil der Statue umrahmte.
Brasilianer fasziniert
Brasilianer, die den dreifarbigen Christus an diesem Abend von Weitem sahen, waren fasziniert. Doch nicht alle brachten ihn mit Deutschland in Verbindung, noch weniger mit dem Tag der Deutschen Einheit. "Ich wäre nicht darauf gekommen", gab beispielsweise Dona Lucia im Stadtteil Flamengo, etwa zwei Kilometer Luftlinie von Berg und Statue entfernt, zu, "aber sicher wird das Fernsehen noch darüber berichten." Am Zeitungsstand wusste ein Herr allerdings doch bescheid: "Heute ist der 3. Oktober. Da ist doch die Mauer von Berlin gefallen, 1989 oder?"
Enge Beziehungen
Die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Brasilien haben eine lange Tradition. Vor allem im Süden des Landes gründeten deutsche Auswanderer im 19. und 20. Jahrhundert zahlreiche Siedlungen, in denen man teilweise noch heute deutsche Dialekte spricht - wie das Riograndenser Hunsrückisch. Die bilaterale Zusammenarbeit ist vielfältig. Brasilien ist das einzige Land in Lateinamerika, mit dem Deutschland durch eine "strategische Partnerschaft" verbunden ist. Seit Jahrzehnten sind große und mittlere deutsche Unternehmen in Brasilien ansässig. Das Land ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika.
Die deutsch-brasilianischen Kulturbeziehungen werden durch das geplante Deutschlandjahr in Brasilien weitere Impulse erhalten. Die Frankfurter Buchmesse hat Brasilien zum Schwerpunktland 2013 auserkoren. Deutschland wurde im Gegenzug als Gastland zur brasilianischen Buchmesse 2013 nach Rio de Janeiro eingeladen. In zahlreichen Projekten, Ausstellungen und Veranstaltungen sollen Themen wie Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Sport aufgegriffen werden.
Auch die brasilianischen und deutschen Streitkräfte pflegen seit vielen Jahren einen regelmäßigen Austausch im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Offizieren. Derzeit ist Major Dirk Schurad für eine Generalstabsausbildung in Rio de Janeiro und auch zu Gast beim Konsulatsempfang. Doch er genießt nicht nur den Anblick des Lichtspektakels auf dem Corcovado - für ihn ist es mehr: "Ich finde es eine ausgesprochen schöne Geste und ein Zeichen des besonderen Wohlwollens gegenüber Deutschland. Es ist hoffentlich ein guter Auftakt für das anstehende deutsch-brasilianische Jahr."