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Gesellschaft

Schwarz und füreinander da

10. Juni 2020

Wie lässt sich Rassismus gegen Schwarze Menschen in Deutschland überwinden? Ein Verein in Berlin setzt auf "Empowerment".

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Deutschland | Berlin | Black Lives Matter Protest
Bild: Getty Images/M. Hitij

Ein junger Mann wird vom Türsteher abgewiesen. Der Rest der Clique kommt in den Club, trotz Turnschuhen. Der junge Mann ist Schwarz, seine Begleiter nicht. Eine Form rassistischer Diskriminierung, von der Schwarze Menschen in Deutschland immer wieder berichten. Was tun, wenn man selbst betroffen ist?

Der Verein "Each One Teach One" (EOTO) in Berlin will hier helfen. Er biete einen Ort, an dem "Menschen, wenn sie Anti-Schwarzen-Rassismus erleben, ihre Geschichte erzählen können", sagt Céline Barry. Die Soziologin leitet die Antidiskriminierungsstelle des Vereins, der sich für Schwarze Menschen in Deutschland einsetzt, etwa wenn sie von Racial Profiling durch die Polizei oder andere Formen rassistischer Diskriminierung betroffen sind. Ihr Ansatz: "Empowerment", also Selbst-Ermächtigung.

Vom Schmerz zur Heilung

"Im Alltag bedeutet Empowerment, dass Schwarze Menschen sich Rassismus nicht gefallen lassen", sagt Barry. "Dass sie sagen: ich bin nicht in den Club reingekommen - das ist falsch. Also erst einmal zu dieser Erkenntnis zu kommen und dann andere Schwarze Menschen zu finden, die auch so denken. Und sich dann dagegen zu Wehr zu setzen."

Türsteher
Verschlossene Gesellschaft: Schwarze Menschen erleben Rassismus auch beim DiskobesuchBild: picture-alliance/dpa/B. Marks

EOTO hilft etwa bei der Suche nach Anwälten oder dem Verfassen von Beschwerdebriefen. Zunächst gehe es aber darum, zu "heilen". "Denn jede Diskriminierung ist auch ein Schmerz, trifft die Würde des Menschen", so Barry. "Und dann gibt es viele rechtliche Möglichkeiten. Wenn ich nicht in einen Club komme, dann fällt das unter das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und da habe ich Klagemöglichkeiten."

Wissen für den Widerstand

Der Vereinsname "Each One Teach One" kommt aus der Schwarzen-Bewegung in den USA. Es gehe darum, Wissen, das für das Überleben Schwarzer Communitys notwendig ist, von Person zu Person kontinuierlich weiterzugeben, sagt Barry. Um die Weitergabe von Wissen gehe es auch heute. "Und zwar um Widerstandswissen, dass wir brauchen, um uns als Schwarze Menschen in der Gesellschaft Schutz zu geben und zu heilen."

Celine Barry
Als Soziologin setzt sich Céline Barry auch wissenschaftlich mit dem Thema Rassismus auseinanderBild: eoto

Vielen Menschen, die sich an Barry und ihre Kolleginnen wenden, ginge es nicht nur darum, das eigene Recht durchzusetzen. "Es geht auch darum, dass es dem nächsten nicht so geht. Andere Schwarze Menschen, die in den Club wollen, sollen einfach reinkommen", sagt Barry: "Das ist auch ein Zeichen von Empowerment, dass die Einzelnen, die sich zur Wehr setzen, Wandel für alle anderen mit herbeiführen."

Und zwar nicht nur für Schwarze Menschen. "Wir sind ein Community-Verein, deshalb steht die Beratung Schwarzer Menschen im Vordergrund", so Barry. "Aber natürlich profitiert die ganze demokratische Gesellschaft davon, wenn Schwarze Menschen nicht mehr unterdrückt werden."

Hoffnung auf Änderung

Wegen der Corona-Pandemie kann EOTO zur Zeit nur per Telefon und E-Mail beraten. Mit einem Buchclub, Filmclub, Jugendclub und anderen Veranstaltungen bietet der Verein normalerweise Raum für persönlichen Austausch. "Bei uns geht es darum, dass dieses "Each One Teach One "einen Ort findet, an dem Schwarze Menschen sich treffen, Ihr Wissen teilen, über ihre Erfahrungen sprechen", sagt Barry.

Rassismus in Deutschland

Doch selbst zur telefonischen Beratung kommen Barry und ihre Kolleginnen zur Zeit nur eingeschränkt. Die Telefone stehen nicht still, man werde mit Interviewanfragen von Journalisten überhäuft. Die Massenproteste in den USA nach dem Tod von George Floyd bringen auch in Deutschland das Thema Rassismus auf die Tagesordnung.

Ob sie es schade findet, dass es eine Debatte in den USA braucht, damit deutsche Medien vermehrt über Rassismus reden? "Es ist eine herausfordernde Zeit", sagt Barry. "Aber auch eine Zeit, in der Hoffnung aufkommt, dass sich in der deutschen Gesellschaft etwas ändert, weil Sensibilität für dieses Thema entsteht."

Zuletzt hat die Zahl der gemeldeten rassistischen Übergriffe in Deutschland jedoch sogar zugenommen. Der Kampf gegen Rassismus, er mag Aktivistinnen wie Barry manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen vorkommen. Trotz aller Bemühungen: "Meistens bekommen die Leute dann nicht doch noch den Job, sie werden in der Schule nicht freundlicher behandelt und sie kriegen keine Entschuldigung für die Diskriminierung", sagt Barry.

Und trotzdem gebe es schöne Momente, "weil man merkt, dass man nicht alleine ist, dass man Geschwister hat". Das sei etwas Stärkendes. "Empowerment" eben.