Schweinsteigers Abschied im DFB-Trikot
Der Kapitän geht von Bord - zwölf Jahre lang trug Bastian Schweinsteiger den Adler auf der Brust. Seine Zeit in der Nationalelf war voller großer Momente. Nun heißt es endgültig: "Servus, Basti!"
Nationalspieler mit 19
Am 6. Juni 2004 läuft Bastian Schweinsteiger im finalen Testpiel vor der EM in Portugal gegen Ungarn erstmals in der deutschen A-Elf auf. Gemeinsam übrigens mit Lukas Podolski, der sein Weggefährte über viele Jahre werden soll. 119 Länderspiele werden für "Schweini" folgen. Die Premiere geht allerdings mit 0:2 verloren. Auch die EM verläuft mit dem Aus in der Vorrunde enttäuschend.
Doppeltorschütze
Das erlebt Bastian Schweinsteiger auch im Verein nur selten: Nachdem er genau ein Jahr lang im DFB-Team dabei ist, gelingt ihm das erste Tor - und direkt hinterher das zweite. Beim 2:2 im Testspiel gegen Russland erzielt Schweinsteiger im Juni 2005 beide deutschen Treffer. Es ist der erste von insgesamt vier Doppelpacks im DFB-Trikot.
Generation Sommermärchen
In seiner Anfangszeit bei der Nationalelf bildet Bastian Schweinsteiger (l.) mit Lukas Podolski (r.) als "Schweini und Poldi" ein von Medien und Fans geliebtes und gehyptes Pärchen. Als jüngste Spieler sind sie 2006 unter Teamchef Jürgen Klinsmann auch Teil des WM-Kaders bei der Heim-WM in Deutschland.
Brutales Aus im Halbfinale
Leerer Blick, verschwitztes Trikot, die Tränen mittlerweile getrocknet - Bastian Schweinsteiger tröstet seinen Mitspieler Per Mertesacker. Es hat nicht gereicht für die deutsche Elf - Italien ist in der Verlängerung des WM-Halbfinales am Ende zwei Tore glücklicher. Schweinsteiger darf ab der 73. Minute mitspielen. Er kämpft und rackert - gefährliche Szenen hat er aber keine.
Lehrjahre...
...sind keine Herrenjahre - das muss auch Bastian Schweinsteiger erfahren. Nachdem er nun bereits seit einiger Zeit in der Nationalelf dabei ist, verzichten Kritiker langsam auf den "Welpenschutz". Beim FC Bayern muss sich Schweinsteiger Kommentare von Uli Hoeneß wegen seiner wechselnden Haarfarben anhören, beim DFB steht er im Schatten der "Platzhirsche" Michael Ballack und Torsten Frings.
Bitterster Moment
2008 gehört Schweinsteiger nicht mehr zu den ganz Jungen. Bei der EM in Österreich und der Schweiz will er eine tragende Rolle im DFB-Dress spielen - und überdreht. Im zweiten Gruppenspiel gegen Kroatien leistet er sich eine Tätlichkeit und sieht die Rote Karte. Nach der Zwangspause kommt er stark zurück. Beim 3:2 im Viertelfinale gegen Portugal bereitet er zwei Tore vor und schießt eins selbst.
Zum ersten Mal mit Binde
Als Miroslav Klose am 20. August 2008 beim Testspiel gegen Belgien in der Halbzeit ausgewechselt wird, übergibt er die Kapitänsbinde an Bastian Schweinsteiger. Der damals 24-Jährige steht damit erstmals als Kapitän der Nationalelf auf dem Feld. Und die Binde scheint zu beflügeln: 14 Minuten nachdem er das begehrte Accessoire bekommt, trifft Schweinsteiger per Foulelfmeter zum 1:0.
Immer wichtiger
In den Jahren 2008 bis 2012 klettert Schweinsteiger in der Team-Hierarchie stetig nach oben. 2010 wird der bei der WM in Südafrika ins "All-Star-Team" gewählt. 2012 bei der EM in Polen und der Ukraine bestreitet er alle Spiele über die volle Distanz. Allerdings scheitert Schweinsteiger mit der Nationalelf jeweils im Halbfinale - bei der WM an Spanien, zwei Jahre später bei der EM an Italien.
Der Doc
Verletzungen begleiten die Karriere von Bastian Schweinsteiger. Wäre er gesund geblieben, hätte er wohl 170 Länderspiele absolviert. So werden es 121 sein. In den letzten Jahren werfen ihn immer wieder Sprunggelenksverletzungen zurück, aber jedes Mal macht ihn Nationalmannschafts-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt rechtzeitig zu den Höhepunkten fit - wie hier zur WM 2014.
Weltmeister!
Müller-Wohlfahrt sei Dank kann Schweinsteiger so auch zum größten Erfolg seiner Karriere entscheidend beitragen. Das Gesicht blutverschmiert, rackert, kämpft und schleppt er sich im WM-Finale 2014 über den Platz. Hält dagegen, wenn die Argentinier überhart zutreten. Dabei hatten ihm die meisten nicht mehr zugetraut, in Brasilien nochmal eine tragende Rolle zu spielen. Die Belohnung: der WM-Pokal.
Endlich offiziell Kapitän
Eigentlich ist Bastian Schweinsteiger nach dem Rücktritt Philipp Lahms ab Sommer 2014 neuer DFB-Kapitän. Allerdings kann er die Binde verletzungsbedingt lange Zeit nicht tragen. Die ersten sieben Spiele als Spielführer verpasst Schweinsteiger. Erst am 29. März 2015 führt er das DFB-Team in Georgien als Kapitän auf den Rasen.
Letzter großer Auftritt
Keiner rechnet damit, dass der schwer angeschlagen nach Frankreich gereiste Bastian Schweinsteiger bei der EM irgendetwas reißen wird. Doch dann bringt Joachim Löw ihn in der 90.Minute des Auftaktspiels gegen die Ukraine. 120 Sekunden später sprintet Schweinsteiger über den gesamten Platz, drückt den Ball zum 2:0 ins Tor - und der Partie seinen Stempel auf.
Pechvogel im Halbfinale
Doch trotz des vielversprechenden EM-Auftakts endet die Nationalmannschaft-Karriere unglücklich: Im Halbfinale gegen Frankreich versucht Schweinsteiger, sich an seinem Gegenspieler Patrice Evra vorbei zu drücken. Dabei springt ihm der Ball gegen die Hand, der Schiedsrichter gibt Strafstoß - 0:1. Deutschland - mit einem ansonsten guten Kapitän - verliert 0:2 und scheidet aus.
Poldi und Schweini
... standen für den neuen deutschen Fußball: unbekümmert, freudvoll, kreativ und erfolgreich. Ihr Debüt gaben sie gemeinsam, ihren Abschied verkünden sie innerhalb weniger Tage. Beim größten gemeinsamen Erfolg, 2014 in Brasilien, ist Schweinsteiger Symbolfigur für den WM-Titel. Podolski kommt über die Rolle der Einwechselspielers nicht hinaus. Trotzdem feiern sie zusammen.
"Den richtigen Zeitpunkt gewählt"
Mehr als ein Jahrzehnt lang weiß Joachim Löw, dass er sich auf Schweinsteiger verlassen kann. Er nominiert ihn auch, als viele wegen mangelnder Spielpraxis und Verletzungen Zweifel haben - wie vor der WM 2014 oder der EM 2016. Er macht ihn zum Kapitän. Als dann der Rücktritt offiziell wird, lobt der Bundestrainer den Zeitpunkt. Schweinsteiger hätte wohl keine große Zukunft mehr bei Löw gehabt.
Servus, Basti!
So erlebt Schweinsteiger einen emotionalen Abend in Mönchengladbach: "Es war heute für mich nochmal eine große Ehre, im DFB-Trikot auflaufen zu dürfen." Seine Mitspieler lassen ihn nach dem Spiel hochleben. Bei der offiziellen Verabschiedung vor dem Spiel weint er: "Ich hatte es nicht erwartet, dass es so ist. Aber es hat mich sehr berührt". Uns auch.