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Schön sein, bis es weh tut

Schließ, Gero14. Februar 2014

Noch vor den großen Modemessen in Paris und Mailand hat die Fashion Week in New York Akzente für die Herbst- und Wintermode gesetzt. Amerikanische Designer dominieren, aber auch europäische Modehäuser waren am Start.

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New York Fashion Week 07.02.2014
Bild: Reuters

Mode ist märchenhaft und macht schön. Aber sie ist auch ein hartes Geschäft. Und manchmal tut sie einfach nur weh. Das alles und noch viel mehr ist uns in New York auf der Mercedes Benz Fashion Week begegnet. Doch egal, wie groß persönlicher Gewinn oder Verzicht auch sind: Alle wollten sie dabei sein. Diesmal zeigten 97 Designer ihre Herbst und Winterkollektion. Ungezählt sind die Besucher und Journalisten - und vor allem jene, die nicht das Glück hatten, in die Shows zu kommen.


New Yorks globale Präsenz

Auch wenn die Modestadt New York noch nicht den Rang von Paris oder Mailand hat: "New York ist einzigartig. Hier gibt es eine globale Präsenz", sagt Michael Arguello, der in New York lebt und mit Mode-Marketing Geld verdient. Es geht hier nicht nur um den amerikanischen Markt, sondern auch um die Märkte in Europa, Asien, Lateinamerika und Australien, erklärt er. "Die Welt schaut auf New York wegen der Inspiration. Hier gibt es nicht nur eine Perspektive, sondern alle Perspektiven." Und Juliana Marques, eine amerikanische Modebloggerin mit brasilianischen Wurzeln, ergänzt: "New York ist immer der erste Schritt, es ist der Beginn". Im wintergrauen Manhattan fallen diesmal besonders die farbigen Akzente ins Auge: Das spanische Erfolgslabel Desigual punktet gleich zu Beginn der Modewoche mit gewagten Farbkombinationen. Dazu Boots, Gestricktes, Pelz und kurze Röcke. Hugo Boss will da nicht mitgehen und tritt vergleichsweise dezent auf. Boss ist übrigens die einzige deutsche Modemarke, die diesmal in New York dabei ist. Aus Europa sind spanische, italienische und - angeführt von Lacoste - auch französische Labels gekommen.

New York Fashion Week 08.02.2014
Farbe...Bild: Reuters


Leder, Kristalle und Draht

Viele Designer verwenden in diesem Jahr ungewöhnliche Farbkombinationen und Materialien: "Wir sehen, dass sich Leder weiter durchsetzt", bilanziert Michael Arguello. "Wir haben aber auch viele verschiedene Typen von Steinen gesehen, etwa spezielle Kristalle oder auch Swarowski-Steine und Drähte, eben unerwartete Materialien." In New York geben die großen amerikanischen Designer den Ton an: Calvin Klein, Ralph Lauren, Donna Karen oder auch Carolina Herrera, die schon Jaqueline Kennedy eingekleidet hat. In ihrer Show, die traditionell den Auftakt für die Auftritte der Mode-Schwergewichte gibt, dominieren zurückhaltende Eleganz und perfekte Proportionen in Beige und Creme-Tönen. Aber dann überrascht sie plötzlich mit feinen Pelzen in Feuer-Rot. "Bei meiner Kollektion ging es mir um neue Proportionen", sagt Carolina Herrera der Deutschen Welle. Durch ein geschicktes Spiel mit Schnitten, kürzeren Absätzen und einem turbanartigen Kopfschmuck hat sie einen neuen Blick auf weibliche Maße geschaffen. Andere Designer wie Dona Karen versuchten Ähnliches.

New York Fashion Week 08.02.2014
...und auffallende Muster.Bild: Reuters

Fremd und eine Spur exotisch mutet die Modewelt der mongolischen Designerin Katya Sol an. Mit ihren eigenwilligen körperbetonten Kreationen, ausschließlich gezeigt von asiatischen Models, setzt sie in dieser Woche unübersehbare Akzente.

Mercedes-Benz Fashion Week 2014 New York Katya Zol
Die Show der Designerin Katya ZolBild: Getty Images


Grimms Märchenwelt

Ganz anders das New Yorker Kult-Label "Alice and Olivia", das sich abseits des gewohnten Laufsteg-Rituals mit einem üppigen Gesamtkunstwerk inszeniert. Die Modewelt als Märchen: Von Rapunzel bis Schneewittchen ließen sich die Designer von Grimms Geschichten inspirieren. Auch die deutsche Modebloggerin Sarah Eichhorn konnte sich dem Zauber nicht entziehen und schwärmt von der "sehr persönlichen Handschrift" des Labels und den liebevoll präsentierten Details. Eichhorn ist schon auf vielen Modemessen gewesen, aber so etwas sei nur in New York zu sehen, sagt sie. Dass diese märchenhafte Mode auch schmerzen kann, erfährt das deutsche Model Diana Rosa am eigenen Leib. Zwei Stunden lang muß sie, auf einem Podest stehend, einen schweren tortenartigen Kopfaufsatz balancieren. Eine Nadel in der Kopfhaut wurde ihr zum Peiniger. Sie verzieht das Gesicht, klagt über Schmerzen - es ist schon ihre dritte Show an diesem Tag.

Chance für junge Designer

Der New Yorker Design-Professor Simon Collins weist gegenüber der Deutschen Welle noch auf eine andere Spezialität hin: "Was New York so prickelnd macht, das sind die jungen Talente, denen eine Chance gegeben wird". Abseits der offiziellen Präsentationen zeigen ungefähr 40 junge Modedesigner ihre Arbeiten in den Milk Studios im Westen Manhattans. "Eine Show mit Null Kosten für die Designer. Es geht dabei alleine um die Qualität von Design. So etwas gibt es in den anderen Design-Hauptstädten nicht", schwärmt Collins. Maxwell Osborne und Dao-Yi Chow vom Label "Public School" haben es geschafft und ziehen mit ihrer jungen, bodenständigen Mode mittlerweile viele Promis an - darunter auch den früheren Vogue Journalisten Andre Leon Talley, der als graue Eminenz der amerikanischen Modeszene gilt:

New York Fashion Week Public School
Modenschau von "Public School" in den New Yorker Milk StudiosBild: DW/G. Schließ

"Ich unterstütze sie, weil sie globale Raffinesse in Form eines großstädtischen Stiels und urbaner Eleganz zeigen", sagt er der Deutschen Welle. "Keine High Heels, man kann sich darin in New York genauso gut bewegen wie in London oder Berlin." Apropos Berlin: Von deutscher Mode weiss Talley nur wenig, aber immerhin: "Es gibt sehr modebewusste Menschen in Deutschland. Meine beste Freundin ist Gloria von Thurn und Taxis. Ihre Tochter ist sehr modisch."

New York Fashion Week Andre Leon Talley
Andre Leon Talley bei der New York Fashion WeekBild: DW/G. Schließ

Schnelle Mode aus dem Internet

Gleich neben den Milk Studios hat der junge Designer Ethan Song aus Vancouver einen Raum angemietet. Er zeigt Herrenmode, aber nicht für den Herbst oder Winter, sondern für jetzt, für das kommende Frühjahr. Song vertreibt sein Mode ausschließlich über das Internet und sieht darin einen großen Vorteil: "Das Design ist anders, wenn man keine Verkaufsshows und Zwischenhändler hat", meint er. "Wir machen unsere Mode viel näher an dem Verkaufsdatum. Wir fühlen uns mehr in der Saison. Und alle unsere Kunden kaufen die Produkte direkt von uns. Das schafft eine viel engere Beziehung zu ihnen." Überhaupt scheint in New York manches pragmatischer zu sein als in den europäischen Modemetropolen. Die Kollektionen hier seien allesamt gut tragbar, hört man immer wieder.

New York Fashion Week Ethan Song
Models präsentieren die Mode von Ethan SongBild: DW/G. Schließ

Und fast alles, was auf dem Laufsteg gezeigt wird, findet sich später auch in den Läden wieder und kann gekauft werden. "Das gesamte Konzept des Laufsteg-Looks, der nur auf dem Laufsteg erscheint als Statement für die Marke, ist weniger vorherrschend in New York als in den anderen Städten", sagt uns der Mode-Professor Collins und verweist mit gewissem Stolz darauf, dass seine Heimatstadt in gewisser Weise eben doch die weltweit bedeutendste Fashion-Metropole ist. "New York hat finanziell ein ganz anderes Gewicht als die anderen Modestädte. Und nicht zuletzt deswegen kannst du fast alles vom Laufsteg auch kaufen."

Mercedes-Benz Fashion Week 2014 New York Katya Zol
Impressionen in braun (Katya Zol)Bild: Getty Images

Fashion Week New York