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Schönes neues Thailand?

Rodion Ebbighausen20. August 2014

Drei Monate nachdem das Militär geputscht hat, formen die neuen Machthaber Thailand nach ihren Vorstellungen. Ihr Ziel: Sie wollen das gespaltene Land einen. Doch Experten sind skeptisch, ob das gelingen kann.

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Thailand Militärputsch PK Armeechef in Bangkok 26.05.2014
Bild: Reuters

Nach heftigen Protesten und monatelangem politischen Stillstand ging auf einmal alles ganz schnell. Ende Mai (22.05.2014) putschte das thailändische Militär. Innerhalb weniger Tage löste es die Regierung und die Protestcamps der Regierungsgegner auf. Mit Ausgangssperre, Versammlungsverbot und rigider Pressezensur wurde möglicher Widerstand gegen die Machtübernahme im Keim erstickt. Größere Proteste blieben aus.

Vier Tage nach dem Putsch wurde Juntaführer Prayuth Chan-ocha von König Bhumibol Adulyadej als Regierungschef bestätigt. Auf einer Pressekonferenz antwortete der neue starke Mann auf die Frage, wann Thailand zur Demokratie zurückkehren werde: "Wenn es keine politischen Konflikte mehr gibt, dann können wir zur Normalität zurückkehren."

Ein "neuer Mensch"

Zur Beendigung der politischen Konflikte verfolgt das Militär eine mehrstufige Strategie. Eine großangelegte Charmeoffensive soll die Menschen von den guten Absichten der neuen Machthaber überzeugen und zu Harmonie und Einheit im Land führen. Es gab tanzende Soldatinnen, Gratishaarschnitte für Männer und kurzfristig wurde die Live-Übertragung der Fußball-WM im frei empfangbaren Fernsehen angeordnet.

In regelmäßigen Abständen hält Prayuth eine Rede zur Lage der Nation. In einer seiner Ansprachen forderte er die Schaffung von "Muster-Thailändern" durch Erziehung. Diese "Muster-Thailänder" seien körperlich stark, diszipliniert, patriotisch, sittlich und hätten Respekt vor den Eltern.

Thailand Militärputsch PK Armeechef Chan-ocha 20.05.2014
Armeechef Prayuth Chan-ocha will seine Landsleute zu "Muster-Thailändern" erziehenBild: Getty Images

Diese Initiative passe zur Rechtfertigung des Militärs für den Putsch, so Anja Bodenmüller von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "In den letzten Jahrzehnten hat sich die thailändische Gesellschaft stark geöffnet und die positiven Effekte der Globalisierung in sich aufgenommen." Aus Sicht des Militärs eine Fehlentwicklung, die es umzukehren gelte. "Teil der Rechtfertigung für den Putsch war der Schutz der Monarchie und der traditionellen Werte."

Ein neuer Staat

Das Militär arbeitet zugleich an einem neuen Regierungssystem, das nach eigener Aussage schließlich zu Versöhnung und Einheit des Landes beitragen soll. Dazu hat sie sich zuerst eine für ein Jahr gültige Übergangsverfassung vom König absegnen lassen (22.07.2014). Diese legitimiert den Putsch, beinhaltet eine Generalamnestie für Angehörige des Militärs und zementiert die Machtposition des Militärrates, der sich "Nationaler Rat für Frieden und Ordnung" nennt.

Eine neu geschaffene Nationalversammlung trat erstmals Anfang August (07.08.2014) zusammen. Unter dem Vorsitz von Kronprinz Vajiralongkorn wurde damit die zweite Phase des vom Militär gelenkten Plans zur Rückkehr zur Demokratie eingeleitet. Die Nationalversammlung soll einen neuen Übergangsministerpräsidenten ernennen, eine neue Verfassung schreiben und Reformen umsetzen, was nach Angaben des Militärs bis zu zehn Monate dauern kann.

Erwartungsgemäß wurde Juntachef Prayuth Chan-ocha am Donnerstag (21.08.2014) zum Übergangspremier gewählt. "Unter dem Gesichtspunkt, ob das Militär die Macht an eine zivile Regierung zurückgeben wird, ist das kein positives Vorzeichen", sagt Armin Reinartz von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok. Aber es bleibe abzuwarten, welche Schritte Prayuth konkret unternehmen wird. Bis zu den geplanten Wahlen im Oktober 2015 ist noch Zeit. Es sei noch nicht abzusehen, wie viel Macht das Militär letztlich bereit sei zu welchem Zeitpunkt abzugeben.

Alte Probleme

Mit dem gegenwärtigen Staatsstreich wiederhole sich seit Jahrzehnten der immer gleiche Zyklus von Militärputsch, Übergangsregierung, Wahlen und erneutem Putsch, sagt Bodenmüller im Interview mit der Deutschen Welle. Der letzte Putsch liegt gerade einmal acht Jahre zurück. Doch den gegenwärtigen Bemühungen des Militärs, ein "neues" Thailand zu schaffen, können nur kurzfristig Erfolg beschieden sein. "Der Militärputsch hat kurzfristig Ruhe in die Straßen und das öffentliche politische Leben in Thailand gebracht. Mittel- oder langfristig hat sich an den grundlegenden Problemen und den Auseinandersetzungen der verschiedenen politischen Akteure nichts geändert", sagt Bodenmüller.

Thailand Armee Sicherheit Kriegsrecht
Offen sei, ob und wann das Militär die Macht an eine zivile Regierung zurückgibt, sagen ExpertenBild: REUTERS

Auch Reinartz ist im Interview mit der Deutschen Welle skeptisch, ob die bisher getroffenen Entscheidungen den Weg zum langfristigen Ziel einer Versöhnung der tief gespaltenen Gesellschaft frei machen. "Die grundsätzliche politische Ausgangslage ist nach wie vor verfahren." Viel hänge davon ab, wie offen die Diskussion zur neuen Verfassung in der Nationalversammlung geführt werde - dies werde zeigen, "ob eine neue politische Kultur in Thailand einkehrt, bei der man konstruktiv miteinander redet und Politik durch Dialog und Kompromiss macht", so der Thailand-Experte der Friedrich Naumann Stiftung.

Eine neue politische Kultur wäre eine große Chance, denn "in Thailand gibt es im regionalen Vergleich eine sehr junge und lebendige Zivilgesellschaft, die das Potenzial hat, viel stärker zu partizipieren und sich in den politischen Prozess einzubringen, wofür aber bisher viele Strukturen ungeeignet sind."